Malle Mathematik verstehen 7, Schulbuch

247 0 a φ b r P 10.7 Historisches aus den Zahlbereichen Die Ziffern 0, 1, 2, 3, …, 9 unseres heutigen Zehner­ systems gehen auf die Inder zurück. Sie kamen allerdings über die Araber nach Europa und hei- ßen deshalb heute „arabische Ziffern“. Die heute üblichen Rechenzeichen entstanden erst viel später. Die Zeichen „ + “ und „–“ tauchten (nach älteren Vorläufern) im 15. Jahrhundert n.Chr. auf, etwas später auch die Zeichen „ · “ und „:“. So lange keine Rechenzeichen zur Verfügung standen, wurden Rechengesetze nur verbal in sehr unübersichtlicher Form formuliert. Bei­ spielsweise beschrieb der byzantinische Mathe­ matiker Leo (9. Jahrhundert n.Chr.) das Assozia- tivgesetz ( α · β ) · γ = α · ( β · γ ) = ( α · γ ) · β so: „Gegeben seien die Zahlen α , β , γ ; das Produkt aus α , β sei δ , das Produkt aus β , γ sei ε , das Pro- dukt aus α , γ sei ζ , das Produkt aus α , ε sei η , das aus β , ζ sei θ , das aus γ , δ sei ĉ . Ich behaupte, dass die Zahlen η , θ , ĉ einander gleich sind“. Rationale Zahlen Die Ursprünge der Bruchrechnung sind bei den Ägyptern und Babyloniern zu suchen. Während die Babylonier durch die Verwendung eines Stel- lenwertsystems keine Probleme hatten, Brüche darzustellen, hatten die Ägypter mit ihrem Nicht- Stellenwertsystem größere Schwierigkeiten. Sie stellten (mit wenigen Ausnahmen) nur Stamm- brüche dar, dh. Brüche der Form ​  1 _ n ​ , und zwar so, dass über das jeweilige Symbol für die natürliche Zahl n das Symbol für „Mund“ gesetzt wurde. Zum Beispiel: ​  1 _ 3 ​=   ​  1 _  6 ​=   ​  1 _  11  ​= Brüche, die keine Stammbrüche sind, wurden in Summen von Stammbrüchen zerlegt, zum Bei- spiel: ​  3 _  8 ​= ​  1 _  4 ​+ ​  1 _ 8 ​ , ​  40 _ 7  ​= 5 + ​  1 _  2 ​+ ​  1 _  7 ​+ ​  1 _  14 ​ Solche Zerlegungen waren oft sehr schwer zu fin- den und wurden in Tabellen festgehalten. Ein Rechnen mit diesen Darstellungen von Brü- chen war natürlich eine äußerst komplizierte Sa- che und hinderte die Ägypter daran, eine Bruch- rechnung im heutigen Sinn zu entwickeln. Die griechischen Philosophen wollten Bruchzah- len nicht als Zahlen anerkennen, weil sie die Ein- heit für unteilbar hielten. So schrieb etwa PLATON (427– 347 v.Chr.): „Du weißt doch, dass die echten Meister in dieser Kunst einen auslachen und es nicht zulassen wür- den, wenn jemand es unternehmen würde, die Einheit in Gedanken zu zerschneiden, und wenn du sie zerteilen wolltest, so würden sie sie ver- vielfältigen und es nie geschehen lassen, dass die Einheit nicht als Einheit, sondern als viele Teile er- schiene.“ Als Ersatz für die fehlende Bruchrechnung entwi- ckelten die Griechen eine Lehre von den Propor- tionen (Verhältnissen), mit der sie zunächst weit- gehend auskamen. Bei den Arabern , die die griechische Mathematik bewahrt und weiterentwickelt haben, wird die Frage, ob Verhältnisse Zahlen sind oder nicht, be- reits diskutiert, sie schafften es aber auch nicht, die griechische Zahlauffassung ganz zu überwin- den und Bruchzahlen als vollwertige Zahlen auf- zufassen. Dieses Verdienst kommt erst Petrus RAMUS (1515 –1572) zu, der eine Zahl sinngemäß als etwas beschrieb, mit dem wir zählen und rechnen . Im „Rechnen“ ist bei ihm nachweislich auch das Rechnen mit Bruchzahlen eingeschlos- sen. Diese werden also erstmals als vollwertige Zahlen anerkannt. Die heutige Bruchschreibweise, bei der Zähler und Nenner durch einen Bruchstrich getrennt werden, geht auf die indische Zahlschrift zurück. Die Regeln der Bruchrechnung dürften um etwa 600 n. Chr. bereits bekannt gewesen sein, doch wurden sie noch nicht mit den heute üblichen Rechenzeichen angeschrieben. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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