Starke Seiten Deutsch 2, Schulbuch
Seltsame Vögel Texte verstehen: Solche Schelme! Wie Eulenspiegel in Lübeck einen Wirt betrog In der Stadt Lübeck herrschte strenges Recht, also benahm sich Eulenspiegel, als er dort hinkam, sehr ordentlich und verübte auch keine Streiche. Aber der Wirt vom Lübecker Ratskeller war ein hochmütiger Mann und hielt sich für so gescheit, dass er sagte, er würde gerne einmal einen Menschen treffen, der klüger wäre als er und ihn überlisten könnte. Viele Bürger schüttelten darüber nur den Kopf, aber eines Tages war es Eulenspiegel zu viel. So stieg er mit zwei Kannen, die beide ganz gleich aussahen, in den Ratskeller hinunter. Die eine Kanne war leer, die andere aber hatte er bis obenhin mit Wasser gefüllt und trug sie unter seiner Jacke versteckt. Höflich bat er den Wirt, er möge ihm doch die leere Kanne mit Wein aus dem Fass füllen. Als dies geschehen war, versteckte er die Kanne mit dem Wein unter der Jacke und holte die mit dem Wasser hervor. Er setzte sich nieder und fragte: „Was soll der Wein kosten?“ „Zehn Pfennig“, antwortete der Wirt. „Das ist mir zu teuer. Ich habe nur sechs Pfennig bei mir, genügt Euch das?“, wollte Till nun wissen. Da wurde der Wirt zornig: „Hier wird nicht gehandelt, hier gilt ein festgesetzter Preis! Wem das nicht passt, der lasse es bleiben!“ „Das sehe ich ein. Da ich nur sechs Pfennige habe und Euch das zu wenig ist, so schüttet den Wein wieder zurück“, sprach Eulenspiegel. Verärgert nahm der Wirt die Kanne, die Eulenspiegel ihm hinhielt – es war die mit Wasser gefüllte – und leerte den Inhalt durch das Spundloch wieder ins Fass zurück. Dabei murmelte er: „Was für ein Narr! Verlangt Wein und kann ihn nicht bezahlen!“ Eulenspiegel aber entgegnete: „Ich sehe, dass Ihr der noch größere Narr seid. Es ist niemand so klug, dass er nicht von einem Narren übertroffen werden könnte.“ Und verließ schleunigst den Keller so, wie er gekommen war: eine leere Kanne in der einen Hand, die volle unter der Jacke verborgen. Den Wein ließ sich Eulenspiegel gut schmecken. Dann verließ er rasch die Stadt. Auf der Landstraße traf er einen Handwerksburschen, der Richtung Lübeck zog. Dem erzählte er seinen Streich und bat ihn, dem hochmütigen Wirt die Wahrheit weiterzuerzählen. Der zersprang beinahe vor Wut. Nun hatte er endlich seinen Meister gefunden! Nach: Kurt Eigl 29. Schreibe die Antworten zu diesen Fragen in ganzen Sätzen auf und vergleiche mit deiner Nachbarin oder deinem Nachbarn. Weshalb wunderten sich die Lübecker Bürger über den Wirt? Was bedeutet der Satz: „Der Wirt forderte das Schicksal heraus.“? Welchen Hinweis auf seinen Streich gab Eulenspiegel dem eingebildeten Wirt? Worüber ärgerte sich der Wirt am Ende der Geschichte? Tipp: Lübeck ist eine Stadt in Norddeutschland und liegt an der Ostsee. 1 5 10 15 20 25 30 Tipp: Pfennig ist eine alte Bezeichnung für Geldmünzen. Arbeitsblatt DaZ k598kr Arbeitsblatt DaZ r3t5qd 60 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv
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