Starke Seiten Deutsch 2, Schulbuch
Schaurige Momente Texte lesen und verstehen: Ein Schutzgespenst für Nasti „Rosa Riedl, Schutzgespenst“ von Christine Nöstlinger handelt von der 11-jährigen Nasti, die in Wien lebt und ein sehr ängstliches Mädchen ist. Sie hat vor vielen Dingen Angst, ganz besonders vorm Alleinsein, wenn ihre Eltern abends ausgehen. Ihre Freundin Tina jedoch fürchtet sich vor nichts, denn sie trägt ein Schutzengel-Amulett um den Hals. Für Nasti steht fest: Auch sie braucht dringend einen Schutzengel. Wieder einmal sind Nastis Eltern ausgegangen. Nasti sieht sich einen gruseligen Film an und strickt nebenbei an ihrem Pullover für die Schule. 4. Überlege, warum Nasti unbedingt auch „Schutz“ braucht. 5. Lies nun den Text. In welchen Absätzen wird Nastis Angst ganz besonders deutlich? Wie zeigen sich ihre Angstgefühle? Umrande diese Zeilen mit Bleistift. Rosa Riedl, Schutzgespenst: 5. Kapitel, in welchem die Rosa Riedl endlich „leiblich“ wird Die Frau, die die Ohrfeigen bekommen hatte, ging jetzt eine Straße entlang. Nacht war es und außer der Frau war niemand auf der Straße. Nicht einmal Autos. Sie kam an einem Haustor vorbei. Sie schaute nicht in die Tornische, aber Nasti schaute in die Tornische und sah, dass dort ein Mann stand. Der hatte den Hut in die Stirn gezogen und den Mantelkragen aufgestellt. Von seinem Gesicht sah man nichts als ein rundes Glotzauge. Nasti ließ vor Schreck die Strickerei fallen. Nichts wie abdrehen, dachte sie. Doch sie konnte sich vor Schreck einfach nicht bewegen. Sie musste zusehen, wie der Mann mit dem Glotzauge aus der Tornische kam und hinter der Frau hinterherhinkte. Die Frau merkte nichts, obwohl das hinkende Glotzauge jetzt schon dicht bei ihr war. Nastis Herz begann laut zu klopfen. Sie hörte das Herzklopfen in den Ohren und fühlte es im Hals und spürte es in den Augen. Sie konnte nicht mehr richtig atmen. Die Haare auf ihren Armen und Beinen, die kleinen, dünnen, richteten sich auf und standen im rechten Winkel von der Haut ab. Die Kopfhaare richteten sich auch auf und versuchten, kribbelnd zu Berge zu stehen. Jetzt hatte das Glotzauge die Frau erreicht und hob einen Arm. „Wegschauen!“, befahl sich Nasti. Und mit dem allerletzten bisschen Kraft, das in ihr war, drehte sie den Kopf zur Seite und sah, dass die Tür zum Schlafzimmer offen stand. Und bei der Tür waren Fußspuren. Im flauschigen Teppichboden konnte man sie deutlich sehen. Als ob ein elefantenschwerer Mensch mit Schuhgröße einundvierzig eben dort gestanden wäre. Zuerst waren es nur zwei Fußabdrücke, dann vier, dann sechs und dann war ein richtiger Fußspurenweg von der Schlafzimmertür zum Fernseher hin und dann klickte der AuseinKnopf. Eine sehr dunkle, sehr freundliche, sehr sanfte Stimme sagte zu Nasti: „Ja, Madl, was schaust dir denn so einen Schmarrn an, wenn du doch eh weißt, dass d´ Angst kriegst?“ Nastis Haare wurden wieder weich und schmiegten sich sanft Christine Nöstlinger ist eine bekannte österreichische Kinder und Jugendbuchautorin. Gerne verwendet sie den Wiener Dialekt. Ihre Geschichten handeln oft von Kindern und ihren Problemen. Zu ihren vielen Büchern zählen u. a. „Die feuerrote Friederike“, „Wir pfeifen auf den Gurkenkönig“, „Das Austauschkind“ und „Der Denker greift ein“. Arbeitsblatt q6s94u TiPP: Mit leiblich ist hier körperlich gemeint. 1 5 10 15 20 25 10 Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlags öbv
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