Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]
98 Einstellungen gründen in vielerlei Hinsicht auf Erziehungseinflüssen sowie auf vorherrschenden Sichtweisen und Wertungen innerhalb einer Gruppe. Oft sind Menschen ihre Einstellungen gar nicht bewusst, vielmehr treten sie erst in bestimm- ten Situationen zutage. Sie können durchaus schon die Wahrnehmung einer Situation oder eines Sachverhalts beeinflussen. Wir wollen dies anhand eines Beispiels verdeut- lichen: Herr B ist ein begeisterter Fan des Fußballklubs R und verfolgt ein Spiel dieses Vereins gegen den Klub A im Stadion. Dabei sitzt er inmitten von anderen R-Fans. Entschei- dungen des Schiedsrichters, die zugunsten des eigenen Vereins ausgehen, begrüßt Herr B enthusiastisch, andere hingegen hält er grundsätzlich für falsch. Frau F, die ebenfalls im Stadion sitzt und sich für Klub A begeistert, sieht die Sache ganz anders. In jedem Fall sind Meinungen und Überzeugungen, aber auch Einstellungen im engeren Sinn (basierend auf eigenen Einschätzungen und Erfahrungen) keine rein rationalen Phänomene. Meist schwingen Emotionen mit, positive oder negative Gefühle, die wir mit einer Sache (z. B. einem Fußballklub) verbinden und die unser Wahrnehmungsverhalten beeinflussen. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Geben Sie die oben zitierte Textpassage zum Affektbegriff mit Ihren eigenen Worten wieder! 1.6 … und wie sie entstehen Für die Entstehung von Meinungen und Überzeugungen kann die Erziehung eine Rolle spielen. Wenn Frau S als Kind gelernt hat, dass es sehr wichtig sei, alten Menschen mit Achtung zu begegnen, verhält sie sich vielleicht auch als Erwachsene ganz selbstverständlich respektvoll gegenüber Älteren. Doch kann eine Überzeugung auch gerade in Opposition zu Erziehungsansprüchen entstehen. Wenn der Vater von Frau S Respektlosigkeiten gegenüber älteren Familienmitgliedern in ihrer Jugend etwa mit Liebesentzug bestrafte, hat sie womöglich Gefühle der Abneigung gegen alte Menschen entwickelt. Ihre Einstellung gegenüber Alten ist in der Folge vielleicht eher unfreundlich. Dies kann sich in einer großen Begeisterung für alles äußern, was mit Jugend zu tun hat, es kann aber auch sein, dass Frau S niemals einen Sitzplatz in der U-Bahn freiwillig an eine alte Frau oder einen alten Mann abtreten würde. In jeder größeren Gruppe von Menschen und in jeder Gesellschaft gibt es zudem Meinungen und Überzeugungen, die über Generationen übernommen, einfach für richtig gehalten und (fast) nicht hinterfragt werden. So gilt in allen kontinentaleuro- päischen Ländern im Straßenverkehr die Rechtsfahrordnung, und die meisten Menschen dort sind fest davon überzeugt, dass dies auch bestens und ganz natürlich sei. Erst wenn sie in ein Land kommen, in dem Linksverkehr herrscht, stellen sie erstaunt fest, dass man so auch gut fahren kann, vielleicht sogar besser. VerTieFunG 3 GrundlaGen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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