Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]
91 Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Geben Sie Beispiele für nonverbale Kommunikation! Überlegen Sie auch, welche Missverständnisse dabei entstehen könnten! Man kann nicht nicht kommunizieren. […] Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, derart, dass letzterer den ersteren bestimmt und daher eine Metakommunikation ist. […] Die Natur einer Beziehung wird durch die Interpunktion der Kommunikations abläufe seitens der Partner bedingt. […] Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten. Digitale Kommunikationen haben eine komplexe und vielseitige logische Syntax. Analoge Kommunikationen dagegen besitzen dieses semantische Potential, erman- geln aber die für eindeutige Kommunikationen erforderliche logische Syntax. Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär. Paul Watzlawick u.a.: Menschliche Kommunikation (7. Aufl. 1985), S. 53, 57, 61, 63, 68, 70. Diese fünf Axiome der menschlichen Kommunikation stellte der Psychotherapeut und Kommunikationswissenschafter Paul Watzlawick auf. Er behauptete dabei zunächst, dass wir ständig in kommunikativen Beziehungen stehen. So können wir anderen signalisieren, dass wir keinen Kontakt mit ihnen wünschen, indem wir sie nicht ansehen und auch nicht mit ihnen sprechen. Dennoch signalisieren wir etwas, nämlich, dass wir nichts mit ihnen zu tun haben möchten. Welche Inhalte auch immer kommuniziert werden, für die Beteiligten steht nach diesem Ansatz der Aspekt ihrer wechselseitigen Beziehung im Vordergrund. Der Verlauf einer Kommunikation hängt demnach letztlich nicht davon ab, was , sondern wie es vermittelt und vom Gegenüber aufgenommen wird. Die Struktur einer Kommunikation, also deren Interpunktion , wird laut Watzlawick von allen Beteiligten bestimmt. Es ist daher nicht möglich, Kommuni- kation als etwas zu denken, das an einer Stelle beginnt und linear irgendwohin verläuft. Auf jeden Input erfolgt eine neue Reaktion. Selbst die Antwort auf eine Frage, beendet einen Kommunikationsprozess nicht, sondern gibt ihm lediglich eine bestimmte Richtung, eröffnet also neue Möglichkeiten. Mit „digitalen und analogen Modalitäten“ sind nicht so sehr unterschiedliche technische Übermittlungsformen gemeint, als wiederum die Inhaltsebene (digital) und die Beziehungsebene (analog) zwischen Kommunikationsteilnehmerinnen/-teilnehmern. Die Beziehungsebene beschränkt sich nicht auf das, was gesagt wird, sondern hängt vor allem davon ab, wie es gesagt wird (mit einem Lächeln, zornigem Tonfall, gerötetem Gesicht, laut, leise, …). „Analoge Modalitäten“ sind für Watzlawick deshalb in viel höherem Maße mehrdeutig als digitale. Auch stellt sich die Frage, ob sich die Kommunikationspart- ner/innen als gleichrangig (symmetrisch) empfinden oder ob eine Beziehung der Über- und Unterlegenheit besteht, die Beteiligten einander also „komplementär“ gegenüberstehen. Diese Frage ergibt sich weniger aus der kommunikativen Situation selbst (obwohl natürlich auch das möglich ist), sondern geht dieser in der Regel voraus. Es macht von vornherein einen Unterschied und beeinflusst die Kommunikati- onssituation nachhaltig, ob eine Oberärztin mit ihrer Sekretärin spricht oder sich mit einem anderen Oberarzt über ein Laborergebnis austauscht. 1 AusFüHrunG Paul Watzlawick (1921–2007) Soziale Phänomene Soziale Phänomene 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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