Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]
174 Zunächst kommt es demnach zu Spannungen, gelegentlichen Streitereien vielleicht, aber mehr noch nicht. In der zweiten Stufe wird der Konflikt als solcher erkannt, Argumente werden vorgebracht, die Gegenpartei soll überzeugt werden; alles bleibt noch auf der verbalen Ebene. Auf der dritten Stufe wird der Druck auf das Gegenüber erhöht, gesprochen wird nur noch wenig oder gar nichts. Bis hierher könnten die Konfliktparteien aber durchaus noch eine Lösung finden, die ihnen beiden Vorteile bringt (Win-win-Situation) . Auf Stufe 4 wird der Konflikt gewissermaßen nach außen getragen; man sucht Bündnispartner/innen. Stufe 5: Der Verlust von Glaubwürdigkeit und sozialem Status drohen bzw. werden als Mittel eingesetzt. Stufe 6: Konkrete Drohungen werden ausgesprochen, etwa nach dem Motto Wenn Sie nicht auf meine Forderungen eingehen, könnten Ihre Kinder leicht einen Unfall erleiden . Ist der Konflikt soweit gediehen, kann eine Partei nur noch verlieren (Win-lose-Situation) . Welche das ist, bleibt vorderhand offen. Spätestens ab Stufe 7 wird eine planmäßige Schädigung der Gegenpartei angestrebt. Zumindest eine Seite hält es bereits für einen Gewinn, wenn die Gegenseite einen Schaden erleidet, etwa durch erfolgreiches Streuen rufschädigender Gerüchte. Während dies auf Stufe 7 noch begrenzt bleibt, wird auf Stufe 8 die regelrechte Vernichtung der/des Gegnerin/Gegners angestrebt. Anpatzen alleine genügt nicht mehr, die Gegenpartei soll beispielsweise in den Konkurs getrieben werden. Auf Stufe 9 ist in der Tat jedes Mittel recht, den/die Gegner/in zu zerstören – auch jenes der äußersten Selbstschädigung. Besser, beide gehen unter, als die Gegenpartei übersteht den Konflikt. Ab Stufe 7 kann keine Konfliktpartei mehr gewinnen (Lose-lose-Situa- tion) . Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Stellen Sie dar, an welcher Stelle in Glasls Modell die Winwin in eine WinloseSitua tion übergeht und begründen Sie, weshalb das so ist! Im Zuge der Eskalation haben sich die Gefühle und die innere Einstellung der Konfliktparteien verändert: Von der kompetitiven Haltung über die auf Gewinn und Verlust ausgerichtete Einstellung ist man zur Entschlossenheit gekommen, den Gegner mit ins Verderben ziehen zu wollen. Vertrauen ist dem grundsätzlichen Misstrauen gewichen. Die Achtung der Gegenpartei ist zur Verachtung geworden. Friedrich Glasl: Konfliktmanagement (8. Aufl. 2011), S. 136. Glasls Modell führt in der Tat immer weiter hinunter , sowohl in Abgründe der mensch- lichen Psyche als auch an einen Punkt, an dem Konfliktlösung nicht mehr möglich ist. Sobald begonnen wird, über eine Vernichtung der Gegenseite nachzudenken, und sei es auch keine vollständige, hat der Konflikt eine Eigendynamik erlangt, die es allen Beteiligten sehr schwer macht, unbeschadet aus ihm herauszukommen: Zu viele Hemmschwellen sind bereits überschritten, zu stark hat der Respekt vor dem Gegen- über gelitten. 1 t auSFührunG Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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