Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]
146 Wir definieren Persönlichkeit als eine komplexe Menge von einzigartigen psychi- schen Eigenschaften, welche die für ein Individuum charakteristischen Verhaltens- muster in vielen Situationen und über einen längeren Zeitraum hinweg beeinflus- sen. Persönlichkeitstheorien sind hypothetische Aussagen über die Struktur und die Funktionsweise individueller Persönlichkeiten. Richard J. Gerrig/Philip G. Zimbardo: Psychologie (18. Aufl. 2008), S. 504. Das Handbuch von Gerrig und Zimbardo geht davon aus, dass Persönlichkeit sehr viel mit spezifischen individuellen Eigenschaften zu tun hat, die verhaltensleitend wirksam sind. In früheren Zeiten wurde häufig versucht, Persönlichkeit über Persönlichkeitstypolo- gien zu erfassen. So glaubte man in der Medizin lange, es gäbe bestimmte natürliche Veranlagungen, die bestimmend für die Persönlichkeitsstruktur wären. Unterschieden wurden cholerisches (aufbrausendes) Temperament, sanguinisches (fröhliches), phlegmatisches (träges) und melancholisches (trauriges, grüblerisches) Temperament. Typologien dieser Art waren bis ins 20. Jahrhundert in Gebrauch, zum Teil werden sie in diverser Ratgeberliteratur noch immer herangezogen. Später gingen psychologische Typologien allerdings mehr in Richtung Traits . Gemeint sind damit Merkmale und Eigenschaften, die Veränderungen im Leben überdauern und bei Menschen eine grundsätzliche Bereitschaft zu bestimmten Verhaltensweise erzeugen. Gedacht ist an Persönlichkeitseigenschaften wie Optimismus, Ehrlichkeit oder Widerstandsgeist. Die Vertreter/innen solcher Ansätze gehen meist davon aus, dass es eine biologische Veranlagung zum jeweiligen Trait gebe, die im Gehirn verankert sei. Psychodynamische Ansätze, wie wir sie im Rahmen unterschiedlicher Entwick- lungstheorien kennengelernt haben, gehen von komplexeren Verläufen der Persön- lichkeitsentwicklung aus. Wie sich Selbstbild und Individualität entwickeln, hängt demnach mit Interaktionen zwischen biologischen Anlagen und Umwelt zusammen, die nicht einfach und linear verlaufen. AuSFüHrunG VerTieFunG Temperament von lat. temperamentum , „Mischungsverhältnis“; nach der Temperamente lehre bildet sich die Persönlichkeit gemäß dem Mischungsverhältnis der vier Körpersäfte gelbe Galle, schwarze Galle, Blut, Schleim, die den vier Elementen Wasser, Luft, Feuer, Erde entsprechen. Trait engl. für „(Persönlich keits)Eigenschaft“ Die vier Temperamente Choleriker, Sanguiniker, Phlegmatiker, Melancholiker in Holzschnitten von 1519 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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