Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]

140 Festigung der Individualität, Objektkonstanz (24.–36. Monat): Stabilisierung der psychischen Autonomie. Emotional werden die wichtigen Bezugspersonen des Kindes als konstant erlebt, sodass ein Gefühl der Sicherheit entstehen kann. Sexuelle oder aggressive Impulse führen nicht (mehr) zur Zerstörung der Beziehung. Auch in Abwesenheit der Bezugsperson/en kann sich das Kind nun an ihre Vorstellungen von ihr/ihnen erinnern (Objektrepräsentanzen bilden) und, sofern diese positiv sind, auch entsprechend mit der Trennung umgehen. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Vergleichen Sie das Modell Mahlers mit jenem Freuds. Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede stellen Sie fest? Um die Mitte des zweiten Lebensjahres hat das Kind laufen gelernt. Es wird sich nun seiner physischen Getrenntheit immer bewußter und macht immer stärkeren Gebrauch davon. Doch mit den wachenden Erkenntnisfähigkeiten und der zuneh- menden Differenzierung seines Gefühlslebens geht auch ein Nachlassen seiner Frustrationstoleranz sowie der relativen Nichtbeachtung der abwesenden Mutter einher. Man beobachtet gesteigerte Trennungsangst, die zunächst hauptsächlich aus Furcht vor Objektverlust besteht, was sich aus vielen Verhaltensweisen des Kindes ableiten läßt. An die Stelle der relativen Nichtbeachtung der Mutter, die für die Übungs-Subphase bezeichnend war, tritt nun ein anscheinend konstantes Inter- esse für den Aufenthaltsort der Mutter sowie ein Verhalten aktiver Annäherung. Mit dem wachenden Bewußtwerden seiner Getrenntheit – das durch seine rei- fungsmäßig erworbene Fähigkeit, sich physisch von der Mutter zu entfernen, sowie durch die zunehmenden kognitiven Fähigkeiten stimuliert wird – scheint das Kind nun in gesteigertem Maße zu wünschen, daß die Mutter an jeder neuerworbenen Geschicklichkeit und Erfahrung Anteil nehme; auch nach der Liebe des Objekts besteht ein starkes Bedürfnis. Margaret S. Mahler/Fred Pine/Annie Bergman: Die psychische Geburt des Menschen (1996), S. 101. Mahler beschreibt an dieser Stelle Voraussetzungen und einige zentrale Aspekte der Wiederannäherungsphase . Deutlich wird hier auch der Zusammenhang zwischen körperlicher und intellektueller Entwicklung auf der einen und emotionalen Verände- rungen auf der anderen Seite. Wenn in psychoanalytischen Entwicklungstheorien von Objektbeziehungen die Rede ist, so geht es – spätestens seit den entsprechenden Arbeiten von Melanie Klein – um die Beziehung zwischen Kindern und primärer Bezugsperson. Lange Zeit wurde diese primäre Bezugsperson in der psychoanalytischen Theoriebildung unkritisch mit der Mutter identifiziert, weshalb in diesem Zusammenhang auch oft von Mutter-Kind-Be- ziehung zu lesen ist. Generell wird im Rahmen von Objektbeziehungstheorien davon ausgegangen, dass deren früher Verlauf sowie die Vorstellungen des Kindes davon eine wesentliche Rolle für die Gestaltung späterer Beziehungen, aber auch für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit spielen. 1 AuSFüHrunG VerTieFunG Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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