Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]
108 Das sozialethische Problem, das sich an all diese Überlegungen knüpft, hängt mit dem persuasiven Gefährdungspotential zusammen. Wenn man die Rhetorik bis- weilen als gefährlich, gar als demagogische Waffe angesehen hat, dann geht das auf die im persuasiven Mechanismus enthaltenen manipulativen Komponenten zurück. Sie kann als Gefährdung oder Zwang, als gewalthaltig empfunden werden. […] Jeder Form von Persuasion haftet etwas Agonales an, und beim letztendlichen Wechsel (im persuasiven Erfolgsfall) muss oft jemand Einbußen hinnehmen, hat eine Partei etwa Verluste, während die andere nur zu gewinnen scheint. Joachim Knape: Persuasion und Kommunikation. In: Josef Kopperschmidt (Hg.), Rhetorische Anthropolo gie (2000), S. 178. Was der Literaturwissenschafter Joachim Knape hier anspricht, ist der Umstand, dass persuasiver Kommunikation in der Regel der schale Geschmack der Übertölpelung anhaftet. Das Adjektiv agonal bedeutet wettkampfmäßig, zum Wettkampf gehörig, und in der Tat ist Persuasion ein Wettkampf, in dem regelmäßig jemand unterliegt, auch wenn sie/er es nicht oder erst zu spät merkt. Überzeugen-Wollen hat natürlich nicht immer damit zu tun, dass man jemanden übervorteilen möchte. Im Grunde haben viele Diskussionssituationen mit derlei Bemühungen zu tun. Für professionelle Persuasion sind Überzeugen und Beeinflussen allerdings Selbstzweck. Gegenstand der Persuasion kann alles sein, je nach Auftrag und Bedarf. Wir sind nun schon öfters mit dem Thema Emotionen in Berührung gekommen, ohne den Begriff genauer untersucht zu haben. Die Begriffsverwendung ist nicht einheit- lich. So wird das Wort Emotion zum Teil synonym mit Gefühl , zum Teil mit Affekt gebraucht, teils aber wiederum von beidem unterschieden. In allen Fällen handelt es sich um Gemütsregungen. Im Zusammenhang mit Affekten wird meist auf die Außenwirkung geachtet, also ob und inwieweit bestimmte Gemütszustände in der Körperhaltung, der Mimik oder Gestik Ausdruck finden. Affekte können schwer bis gar nicht unterdrückt oder auch nur verborgen werden, sie treten fast automatisch auf, weil sie durch das vegetative Nervensystem gesteuert sind. Sie weisen eine kognitive Komponente auf, denn wenn ein Reiz als angstauslösend erkannt wird, setzt beispiels- weise der Affekt Angst ein. Von Gefühlen wird demgegenüber in der psychologischen Literatur häufig angenommen, dass sie eher als Affekte durch Willensanstrengungen gesteuert (z. B. auch unterdrückt) werden können. In der praktischen Zuschreibung verlaufen die Grenzen allerdings fließend, und Angst wird einmal als Affekt, von anderen Autorinnen/Autoren als Gefühl bezeichnet. Generell können Emotionen als komplexe Abläufe gelten, die mit mentalen und körperlichen Veränderungen einher- gehen. Aus neurophysiologischer Perspektive werden emotionale Inhalte grundsätz- lich in der rechten Hirnhälfte (rechten Hemisphäre) verortet. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Lesen Sie die zitierte Textpassage und fassen Sie die zentralen Aussagen Knapes mit eigenen Worten zusammen! Ordnen Sie dem Affekt Freude bestimmte körperliche Veränderungen zu, die auch nach außen hin erkennbar sind! AusFüHrunG VerTieFunG úú Kapitel 2.3.4 2 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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