Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Psychologie Teil]

102 Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Erstellen Sie eine Mindmap mit den sozialen Rollen, die Sie selbst ausüben, und ordnen Sie den unterschiedlichen Rollen die jeweils passenden Kontexte zu! Tommy und seine Zellengenossen waren Freiwillige, die auf eine Zeitungsanzeige geantwortet und zugestimmt hatten, an einem zweiwöchigen Experiment zum Gefängnisleben teilzunehmen. Durch Münzwurf wurde einigen Freiwilligen die Rolle von Gefangenen zugewiesen, die anderen wurden Wärter. Alle waren aus einem großen Pool von studentischen Freiwilligen ausgewählt worden, die auf der Basis umfangreicher psychologischer Tests als gesetzestreu, emotional stabil, kör- perlich gesund und „normal-durchschnittlich“ galten. Die Gefangenen lebten rund um die Uhr im Gefängnis, die Wärter arbeiteten normale Acht-Stunden-Schichten. […] In den Wärter-Rollen verhielten sich Studierende, die zuvor Pazifisten und „nette Jungs“ gewesen waren, aggressiv – manchmal sogar sadistisch. Die Wärter bestanden darauf, dass die Gefangenen allen Regeln ohne Nachfragen oder Zögern gehorchten. […] Als Gefangene verhielten sich psychisch stabile Jugendliche bald pathologisch und ergaben sich passiv in ihr Schicksal. Richard J. Gerrig/Philip G. Zimbardo: Psychologie (18. Aufl. 2008), S. 671. Das hier in groben Zügen beschriebene Gefängnisexperiment wurde 1971 unter Leitung des Psychologen Philip G. Zimbardo an der Universität Stanford durchgeführt (Stanford-Prison-Experiment) – und vorzeitig abgebrochen. In der nachgebildeten Gefängnissituation hatten die Beteiligten (Wärter wie Gefangene) eine beklemmende soziale Situation Gefängnis geschaffen, aufgeladen mit Gewalt und Sadismus. Nach den im Textauszug genannten Kriterien waren die Teilnehmer am Stanford-Pri- son-Experiment zufällig ausgewählt worden. Psychopathologische Tendenzen an den Teilnehmern waren nicht aufgefallen. Zwar könnte man lange darüber diskutieren, ob derlei nicht doch vorhanden war, doch kam es dem Forschungsteam auf eine andere Überlegung an: Die Teilnehmer hatten bereits Übung in Rollen, die durch Machtunter- schiede gekennzeichnet waren, und sie hatten Vorstellungen dazu, wie eine soziale Situation Gefängnis beschaffen ist. Nicht übersehen darf allerdings die Zeit werden, in der das Experiment stattfand. Die gesellschaftlichen Umbrüche der späten 1960er- Jahre hatten die Generation der Teilnehmer zwar bereits erfasst, sie waren allerdings erst in ihren Anfängen. Die beteiligten Studenten waren vermutlich überwiegend mit eher autoritärem Erziehungsstil vertraut. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Lesen Sie die oben zitierte Textpassage und arbeiten Sie die zentralen Aspekte des Experiments heraus! Bilden Sie Gruppen und diskutieren Sie mögliche Ursachen für den Verlauf des StanfordPrisonExperiments! Begründen Sie Ihre Argumente! 1 r AusFüHrunG Philip G. Zimbardo (geb. 1933) VerTieFunG 1 2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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