Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

369 Husserls. Die von Hume aufgezeigten Schwierigkeiten der Vielzahl von Bewusstseins- inhalten und Bewusstseinszuständen sollen hier nicht über ein einheitliches Ich gelöst werden, das alle diese Inhalte und Zustände verbindet. Vielmehr erbringt das Bewusstsein diese Leistung selbst, in einer bestimmten Verknüpfungsbewegung, die Sartre als Spiel transversaler Intentionalitäten bezeichnet. Transversal kommt von lat. transversus und bedeutet „quer“, Intentionalität meint bei Franz Brentano und später bei Edmund Husserl das Vermögen des Bewusstseins, sich auf etwas zu beziehen. Diese Bezüge sind für Sartre mannigfach; das Bewusstsein ist selbst imstande, unterschiedliche Querverbindungen herzustellen, und zwar in durchaus kreativer Form (Spiel) . Bewusstsein ist für Edmund Husserl stets auf etwas bezogen oder gerichtet, es greift daher gleichermaßen auf bewusste Aktivitäten selbst wie auf Gegenstandsbezüge zu. Eine Möglichkeit, Subjekt und Objekt einer Untersuchung klar festzumachen und voneinander abzugrenzen, lehnt Husserl ab. Von Interesse sei vielmehr die Aktivität des Bewusstseins selbst, die gleichermaßen intentionales Erlebnis wie Sinnstiftung ist. Husserl spricht diesbezüglich von Noesis (von gr. noeín , „denken“) im Gegensatz zu Noema , dem Inhalt des Denkaktes, also dem, was gedacht oder erkannt wird (das Wort ist abgeleitet von gr. nous , „Geist, Intellekt, Vernunft“). Untrennbar verbunden mit der intentionalen Noesis ist die sensuelle Hylé , also die Gesamtheit aller Empfin- dungsdaten. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Lesen Sie die zitierte Textpassage und geben Sie Sartres Überlegungen mit eigenen Worten wieder! Recherchieren Sie im Internet und in der InternetErgänzung zu Husserl und zur Phänomenologie! Welche philosophischen Strömungen des 20. Jahrhunderts haben sich darauf berufen? Zeichnen Sie eine Art Stammbaum! 5.3 Wir sind, was wir erinnern Wir haben schon an anderer Stelle davon gesprochen, dass wir uns unser Leben selbst erzählen. Natürlich erzählen wir es auch anderen, wenn auch nicht unbedingt in völlig gleicher Weise, denn unsere Lebenserzählung ist in beiden Fällen ein Kons- trukt. Das hat nichts mit Lüge oder Selbstbetrug zu tun, sondern mit dem Umstand, dass wir unser Leben nur dann finden können, wenn wir es erst einmal erfinden. Zumindest gilt dies unter der Voraussetzung, dass der große, allumfassende Sinn, die universelle Bedeutung, nicht vorhanden oder doch zumindest nicht erkennbar ist. Bei Phänomenologie philosophische Methode, die auf Edmund Husserl zurückgeht. Sie orientiert sich nicht an den Dingen selbst, sondern versucht eine Beschreibung von Bewusstseinsvorgängen und inhalten. Sie geht deskriptiv, also beschreibend, vor und erhebt den Anspruch, eine Grundlage für alle Wissen­ schaften zu bilden. In gewisser Weise setzt Husserl damit das wissenschafts und erkenntnistheoretische Programm fort, das sich bei Descartes und bei Kant findet. VErTiEfunG O  Literaturempfehlung: Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen Phänomeno­ logie und phänomenologi­ schen Philosophie (1992) §§ 85, S. 88. 3 4 GrundlaGEn úú Kapitel 8.1 Edmund Husserl (1859–1938) Mensch-Sein 2 Mensch-Sein 2 9 Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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