Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

333 […] die ästhetischer Erfahrung erfordert feine Unterscheidungen und das Erken- nen subtiler Beziehungen, eine Identifizierung von Symbolsystemen, von Zeichen innerhalb dieser Systeme und eine Identifizierung dessen, was diese Zeichen deno- tieren und exemplifizieren; sie erfordert Interpretation von Werken und Rekonst- ruktion der Welt von den Werken her und der Werke von der Welt her. […] Tatsa- che, dass die Emotionen in der ästhetischen Erfahrung eine kognitive Funktion haben . Das Kunstwerk wird sowohl durch die Gefühle als auch durch die Sinne aufgefasst. […] die ästhetische Erfahrung wird hier nicht der Emotionen beraubt, sondern das Verstehen wird vielmehr mit ihnen ausgestattet. In der ästhetischen Erfahrung ist die positive oder negative Emotion ein Modus der Sensibilität gegen- über dem Werk. Nelson Goodman: Kunst und Erkenntnis (1993), S. 569, 575 ff. Goodman verweist auf die hohen Anforderungen an Interpretinnen/Interpreten künstlerischer Produktionen, zumal sie zur Einschätzung von Kunstwerken als solchen maßgeblich beitragen. Der emotionale Aspekt ist für die ästhetische Erfahrung dabei nicht weniger wichtig als der kognitive; beide bedingen und ermöglichen einander gegenseitig. Goodmans Ansatz wendet sich nachdrücklich gegen die Vorstellung, Kunst sei das Andere der Vernunft. Aus diesem Grund verwahrt er sich auch gegen gängige Versu- che, Kunst und Wissenschaft bzw. Erkenntnis prinzipiell voneinander abzugrenzen und Erstere primär mit Gefühlen , Letztere eher mit Vernunft in Verbindung zu bringen. Solche Unterscheidung entspräche der seit Descartes in der Philosophie geübten Entgegensetzung von Kunst und wahrer, rationaler, Sicherheit verbürgender Erkennt- nis. Letztere sei weitgehend frei von jeglichem subjektiven Einfluss, weil sie streng regelgeleitet agiere. Kunst erschiene demgegenüber als Freiraum, regellos und emotionsgesteuert. Demgegenüber meint Goodman, dass Emotionen nachgerade zu den Elementen in der Erkenntnis gehören. Abgesehen davon erhellt ein unvoreinge- nommener Blick, dass Kunst durchaus nicht völlig frei von Regeln ist, während Wissenschaft ohne Kreativität und Freiräume auch nicht vorankommt. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Erstellen Sie mit Ihrer/Ihrem Sitznachbarin/Sitznachbarn ein Schaubild, das den Zusammenhang von ästhetischer Erfahrung und Emotionen deutlich macht! Vielleicht ist es Ihnen ja selbst schon so ergangen: Manche Bücher, Dramen, Bilder oder Musikstücke lassen einen nicht los. Sie sagen einem scheinbar immer wieder etwas Neues. Woran könnte das liegen? Diskutieren Sie gemeinsam darüber! AuSFüHrunG O  Literaturempfehlung: Nelson Goodman: Kunst und Erkenntnis (1993), S. 577. VerTieFunG 3 4 t Mensch-Sein 1 Mensch-Sein 1 8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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