Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
331 Abgesehen von diesem letzten Punkt ist Dantos Ansatz damit im Grunde nicht allzu weit von der Institutionstheorie entfernt, er erweitert lediglich den Bezugsrahmen. Insbesondere im Zeitalter digitaler Medien wird die Suche nach Orten der Präsenta- tion von Kunst auch immer schwieriger, insbesondere, wenn es um Videos, Musik, zunehmend aber auch Literatur geht. Spricht es dafür, dass ein Musikstück ein Kunstwerk ist, weil es von einem bestimmten Musikverlag herausgebracht und beworben wird? Plattformen im Internet, die mit herkömmlichem Musikverlagswesen gar nichts mehr zu tun haben, spielen hier schon eine weit größere Rolle. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Welche Institutionen sind für das Entstehen von Kunst wichtig? Was meinen Sie? Notieren Sie Ihre Überlegungen und diskutieren Sie mit Ihrer/Ihrem Sitznachbarin/ Sitznachbarn darüber! „Es ist nicht alles zu jeder Zeit möglich“, schrieb Heinrich Wölfflin, womit er meinte, daß bestimmte Kunstwerke einfach nicht in bestimmte Abschnitte der Kunstgeschichte als Kunstwerke eingefügt werden konnten, obwohl es möglich ist, daß in jenen Abschnitten Objekte, die mit Kunstwerken identisch sind, hätten her- gestellt werden können. Arthur C. Danto: Die Verklärung des Gewöhnlichen (2. Aufl. 1993), S. 78 f. Danto verweist hier auf die historische und kulturelle Dimension von Kunst . Albrecht Dürers Hase gilt uns unbestritten als Kunstwerk, doch wenn jemand heute einen solchen Hasen oder ein anderes Tier in dieser Weise zeichnen würde, bekämen viele von uns vermutlich Zweifel, ob es sich dabei auch um Kunst handelt. An anderer Stelle schreibt Danto, dass die Reaktion auf ein Gemälde dessen Herstel- lung ergänze ; zwischen Künstlerinnen/Künstlern auf der einen sowie Betrachterinnen/ Betrachtern auf der anderen Seite (ebenso wie zwischen Schriftstellerinnen/Schrift- stellern sowie Leserinnen/Lesern) entstehe eine Art spontaner Zusammenarbeit. Um von einem Kunstwerk sprechen zu können, bedarf es für Danto also nicht allein einer/ eines Künstlerin/Künstlers, die/der ein Werk hervorbringt, sondern auch eines interpretierenden Publikums: „Ein Kunstwerk zu interpretieren [bedeutet], eine Theorie anzubieten, worüber das Werk ist und was sein Sujet ist.“ Der/die Autor/in verschwindet dabei also keineswegs von der Bildfläche möglicher Kunstgenese, er/sie erscheint aber auch nicht (mehr) allein als Urheber/in eines durch sein/ihr Wollen vollständig determinierten Werks . Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Finden Sie mit Ihrer/Ihrem Sitznachbarin/Sitznachbarn Beispiele, die für, oder solche, die gegen Dantos Auffassung sprechen! Ist es für Sie vorstellbar, dass Kunst maßgeblich auch von den Sichtweisen diverser Interpretinnen/Interpreten abhängt? Diskutieren Sie gemeinsam darüber! 1 t AuSFüHrunG VerTieFunG O Literaturempfehlung: Arthur C. Danto: Die Verklärung des Gewöhnlichen (2. Aufl. 1993), S. 184. 2 3 t Mensch-Sein 1 Mensch-Sein 1 8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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