Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
327 Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Betrachten Sie die BeethovenSkulptur von Max Klinger. Wie wirkt sie auf Sie? Erhaben oder abstoßend? Notieren Sie Ihre spontanen Eindrücke und versuchen Sie zu ergrün den, warum sie entstanden sind! Ist es Ihnen schon einmal aufgefallen: Wenn von Genies gesprochen wird, findet sich meist eine Auflistung von Männern. Wirken Sie diesem Klischee entgegen und erstellen Sie eine Liste genialer Frauen! Genie besteht in dem glücklichen Verhältnis, […] zu einem gegebenen Begriffe Ideen aufzufinden und andererseits zu diesen den Ausdruck zu treffen, durch den die dadurch bewirkte subjektive Gemütsstimmung, als Begleitung eines Begriffs, anderen mitgeteilt werden kann. […] Es ist […] die musterhafte Originalität der Naturgabe eines Subjekts im freien Gebrauche seiner Erkenntnisvermögen, […] die angeborne Gemütslage (ingenium), durch welche die Natur der Kunst die Regel gibt. Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft, § 49, B 198 ff./A 196 ff., § 46, B 82/A 180. Genie erscheint mithin als Ausdruck für bestimmte Fähigkeiten, die ein Mensch nicht erwerben kann. Sie kommen ihm nach Kant von Natur aus zu. Diese, die einem letzten Zweck zustrebe, der Kultur genannt wird, sei also letztlich auf den Menschen hin zentriert. Das Verhältnis zwischen den Begriffen Natur und Kultur ist dabei nicht im Sinne schlichter Entgegensetzung gedacht. Vielmehr scheint Kant dem Umstand Rechnung zu tragen, dass eine scharfe Trennung zwischen dem, was wir natürlich , und dem, was wir künstlich nennen, gewisse Widersprüchlichkeiten mit sich bringt. Die seit Aristoteles strikt getrennt vorgestellten Bereiche durchdringen sich, egal wie man sie definiert, immer wieder gegenseitig. Die Verknüpfung der Idee künstlerischer Genialität und Wahnsinns (was immer unter diesem im Einzelnen verstanden werden mag) entspricht auch der verbreiteten Vorstellung, dass Kunst und ein relativ eng gefasstes Konzept von Rationalität, gemeinhin Wissenschaft genannt, in grundlegendem Widerspruch zueinander stehen. Insofern konnte sich die Idee etablieren, dass Kunst eher unvernünftig, jedenfalls rational nicht oder nur schwierig fassbar ist. Kunst erscheint aus dieser Perspektive gewissermaßen als das Andere der Vernunft. Die behauptete und durch nichts bewiesene Beziehung zu einem unbestimmt bleibenden Wahnsinn steigert diese Vorstellung und verlagert sie zugleich in eine psychopathologische Sphäre. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Lesen Sie die zitierte Textpassage und geben Sie mit eigenen Worten wieder, was Kant unter einem Genie verstand! Ist der Begriff Genie überhaupt noch zeitgemäß? Scheint er Ihnen sinnvoll? Bilden Sie Gruppen und diskutieren Sie darüber! 1 2 r AuSFüHrunG VerTieFunG 3 4 t Mensch-Sein 1 Mensch-Sein 1 8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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