Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
325 die im Grunde nur subjektiv beantwortet werden kann, aber auch durchaus von kulturellen Vorgaben, Idealbildern und Stereotypen abhängt. Mit dem Begriff Ästhetik sind zwei Facetten von Kunst angesprochen: die Hervorbrin- gung und die Interpretation von Kunst. In diesem Zusammenhang differenzierte auch Kant zwischen dem Vermögen, Kunst hervorzubringen, und jenem, künstlerische Hervorbringungen zu beurteilen. Auch für Kant hängt Kunst mit dem Schönen zusammen; nach seinem Ansatz liegt Schönheit in der Wahrnehmung, doch ist sie kein Ergebnis rein subjektiver Einschätzung. Als schön gilt Kant, „was ohne Begriff allgemein gefällt“, an anderer Stelle konkretisiert als das, „was ohne Begriff als Gegenstand eines notwendigen Wohlgefallens anerkannt wird“. Für besagtes Wohlgefallen sei allerdings das Vorliegen von Geschmack erforderlich. Diesen definiert Kant als Berurteilungsvermögen einer Sache oder Vorstellung ohne jedes Interesse. Die Sache oder Vorstellung wird für sich genommen und gefällt oder missfällt. Auf diese Weise kommt ein Geschmacksurteil zustande. Wir betrachten ein Bild, und es gefällt uns – oder eben nicht. Wenn es uns gefällt, weil wir den/die Maler/ in gerne mögen, handelt es sich nicht um eine interesselose Betrachtung, weil wir ein Interesse daran haben, dass es dem/der Künstler/in gut geht oder dass auch er/sie uns schätzt. Bei einem Geschmacksurteil haben wir zudem spontan das Gefühl, dass alle anderen Menschen es doch genauso sehen müssten. Es könne ja gar nicht sein, ist unser spontanes Gefühl, dass dieses Lied oder dieses Bild jemandem nicht gefallen könnte. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Geben Sie eine Definition des Begriffs Ästhetik und diskutieren Sie ihn mit Ihrer/Ihrem Sitznachbarin/Sitznachbarn! Geschmack ist das Beurteilungsvermögen eines Gegenstandes oder einer Vorstel- lungsart durch ein Wohlgefallen, oder Mißfallen, ohne alles Interesse. Der Gegenstand eines solchen Wohlgefallens heißt schön. […] Das Geschmacksurteil selber postuliert nicht jedermanns Einstimmung (denn das kann nur ein logisch allgemeines, weil es Gründe anführen kann, tun); es sinnet nur jedermann diese Einstimmung an, als einen Fall der Regel, in Ansehung dessen er die Bestätigung nicht von Begriffen, sondern von anderer Beitritt erwartet. Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft, §§ 5, 8, B 17/A 17, B 26/A 26. Wir sinnen anderen unsere Einschätzung an , wir rechnen vorderhand und ganz spontan auf intersubjektive Zustimmung. Nun geht Kant zwar von bestimmten Erfahrungsmodi, die angeblich von allen Menschen geteilt werden, aus, wenn er von einem Subjektiven spricht, „welches man in allen Menschen (als zur möglichen Erkenntnis überhaupt erforderlich) voraussetzen kann“. Doch die Wendung ansinnen spricht dafür, dass Kant den Hinweis auf eine solche anthropologische Konstante nicht als hinreichend zur Erklärung des Zustandekommens von Geschmacksurteilen empfunden hat. O Literaturempfehlung: Alexander Gottlieb Baumgarten: Aesthetica (1750/58), Prolegomena. O Literaturempfehlung: Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft (KdU), §§ 9, 22. 1 AuSFüHrunG O Literaturempfehlung: Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft, § 38, B 150 f./ A 148 f. Mensch-Sein 1 Mensch-Sein 1 8 Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv
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