Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
324 Erläutern Sie Aristoteles’ Verständnis von Kunst ! Können Sie dem zustimmen? Begrün den Sie Ihre Meinung! Ein Denkmal schuf ich, dauerhafter als Erz, / Majestätischer als der Pyramiden Bau, / Das kein Regen zernagt, rasenden Nordens Wind / Nicht zu stürzen vermag noch der Jahrhunderte / Unabsehbare Reihn oder der Zeiten Flucht. Horaz: Carmina III 30 Der römische Dichter Horaz drückt hier die Vorstellung aus, dass künstlerische Hervorbringungen ihren Schöpfern dauerhaften Ruhm verschaffen können. Höchst selbstbewusst sieht Horaz sein Werk als dafür geeignet an, eine keineswegs unge- wöhnliche Geste römischer Autoren. Seine Einschätzung sollte sich bestätigen – wir lesen seine Gedichte noch heute. Das sinnstiftende Moment von Kunst besteht wohl wesentlich in der schier uner- schöpflichen Möglichkeit der Interpretation, auf die wir am Ende dieses Unterkapitels näher eingehen werden. Es hängt aber auch mit der Vorstellung zusammen, dass sie dem/der Künstler/in eine bestimmte Form von Unsterblichkeit verleiht, und zwar in Gestalt dauerhafter Erinnerung durch die Nachwelt. Auch auf diese Weise kann das Gefühl entstehen, den Tod überwunden zu haben; wessen Name mit dem Titel eines Buches, Gemäldes oder Musikstücks verbunden ist, wird unter Umständen auch in Hunderten oder gar Tausenden von Jahren nicht vergessen sein. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Analysieren Sie, welche Vorstellung von Kunst und Künstler in der zitierten Passage aus Horaz’ Carmen III 30 Ausdruck findet! Bilden Sie Gruppen und diskutieren Sie die Frage, inwieweit Kunst unsterblich machen kann! 4.2 Aisthesis Das griechische Substantiv aísthesis bedeutet zunächst einmal nichts anderes als „Wahrnehmung“ oder „Empfindung“. Bereits in der Antike wurde es allerdings immer wieder mit der Wahrnehmung von Kunst in Verbindung gebracht. Im 18. Jahrhundert führte der Philosoph Alexander Gottlieb Baumgarten den Begriff Ästhetik in die philosophische und kunstwissenschaftliche Sprache ein. Baumgarten fasst Ästhetik relativ weit als Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis. Als sinnliche Erkenntnis stehe sie für die Gesamtheit der Vorstellungen unterhalb der Schwelle streng logischer Unterscheidung. Sie sei letztlich auf Schönheit gerichtet. Diese Auffassung hat in den allgemeinen Sprachgebrauch Eingang gefunden. Meist wird ja davon ausgegangen, dass Ästhetik etwas mit Schönheit zu tun habe. Worin diese Schönheit allerdings bestehen soll, ist aber durchaus offen; dies ist eine Frage, 2 r AuSFüHrunG VerTieFunG 3 4 r GrundlaGen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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