Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
315 3 die Weltgeschichte ist das Weltgericht? Religiöse Heilslehren verheißen Erlösung im Jenseits. Doch was ist mit dem Leben hier und jetzt? Die Suche nach umfassenden Welterklärungen, nach Plänen, deren Teil man selbst sein kann, verwies seit dem 18. Jahrhundert mehr und mehr auf die Geschichte. Langfristige Entwicklung, die Evolution der Spezies Mensch, sie fand doch schon in dieser Welt statt – und führte sie nicht stetig zum Besseren? 3.1 Geschichtsphilosophie Die Idee, aus der Geschichte , verstanden als Menschheitsgeschichte, einen umfassen- den Entwicklungsplan herauszulesen, kam wohl im 17. Jahrhundert auf. Dieser Ansatz sieht in der gesamten Geschichte der Menschheit eine Einheit, in der sich eine lineare Entwicklung erkennen lasse. Wohin diese Entwicklung führt oder führen kann, wurde unterschiedlich bewertet. Als prominenteste und wirkungsmächtigste Vertreter dieser Geschichtsbetrachtung, die auch als Geschichtsphilosophie bezeichnet wird, gelten heute Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Karl Marx. Beide stehen zugleich auch für höchst unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie und wohin die historische Entwicklung verläuft. Dass es sich um dramatische Verlaufs- formen handeln sollte, deren richtige Einschätzung eine endgültige Beurteilung allen menschlichen Handelns und Strebens in der Geschichte erlauben würde, macht ein Satz Friedrich Schillers deutlich: „Die Weltgeschichte ist das Weltgericht“. Nicht vor dem Thron einer Gottheit und auch nicht vor dem der Vernunft, sondern vor jenem der Geschichte würde darüber geurteilt, ob menschliches Handeln richtig oder falsch gewesen sei. Doch weil dies, falls überhaupt, in der Tat erst in ferner Zukunft zu erwarten sei, müsse dem abschließenden Weltgericht vorgegriffen werden. Der Verlauf der Geschichte müsse erkannt werden, um die gegenwärtige Welt angemes- sen beurteilen, aber auch um weitere Entwicklungen prognostizieren und vielleicht sogar gestaltend eingreifen zu können. Obwohl heute doch überwiegend davon ausgegangen wird, dass es den einen großen, umfassenden Sinn in der Geschichte nicht gibt, lassen sich durchaus noch immer Ausläufer des geschichtsphilosophischen Modells beobachten. Verliert Geschichte jeden Sinn , wenn man dieses gänzlich aufgibt? Keineswegs. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Bilden Sie Gruppen und diskutieren Sie die Frage, ob es die eine Geschichte der Menschheit geben kann! Begründen Sie Ihre Überlegungen! Verfassen Sie einen Kurztext darüber, ob aus der Geschichte gelernt werden kann! Begründen Sie Ihren Standpunkt! GrundlaGen 1 t 2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=