Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
218 Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Recherchieren Sie den Begriff Dogma und grenzen Sie ihn auch von dem Begriff dóxa ab! Notieren Sie Ihre Ergebnisse! An dieser Stelle ist ein Vorschlag angebracht: Legen Sie sich Listen zu wichtigen Begriffen an, die Ihnen beim Lesen dieses Buches begeg nen und zu denen Sie Recherchen anstellen! Inwiefern könnte jemand Interesse daran haben, Menschen dumm zu halten? Was wäre dadurch zu gewinnen? Diskutieren Sie gemeinsam darüber! Wirklichkeit , so ließe sich mit dem Philosophen Richard Rorty sagen, ist immer nur als beschriebene Wirklichkeit zu haben. Dass jede Beschreibung bereits durch Sprache und die Möglichkeiten sprachlichen Ausdrucks beeinflusst ist, hat die philosophische Sprachkritik des 20. Jahrhunderts gezeigt. Man kann davon ausgehen, dass wir nie die Dinge selbst sehen, sondern immer das, was wir uns unter diesen Dingen vorstellen. Wir haben diese Thematik schon in psychologischem Kontext erörtert: In erster Linie sehen, hören und fühlen wir, was wir erwarten. Sprachphilosophisch gewendet können wir sagen: Wir nehmen wahr und sprechen darüber, was über die Dinge, von denen wir (vorgeblich) sprechen, gesagt worden ist oder gesagt werden kann. Die hier skizzierte Position Rortys lässt sich als eine skeptische beschreiben. Dabei wird an die Wortbedeutung von Skepsis gedacht. Die Wortgeschichte scheint zudem auf die Bedeutung „aus der Ferne beobachten“ zu verweisen. Für ein fragendes Denken ist eine gewisse Distanz zu dem, wovon man spricht, überhaupt angemessen. Wir werden noch sehen, dass es sich auch hier um einen Anspruch, um ein Bemühen handelt, das nur sehr bedingt einlösbar ist. Möglich und für kritisches Fragen unabdingbar ist allerdings die Bereitschaft, absolute Festlegungen zu vermeiden. An die Stelle von Gewissheit treten dann Wahrscheinlichkeit oder besser vielleicht Plausibilität von Aussagen. Dies läuft keineswegs auf Beliebigkeit hinaus, wenn man annimmt, dass wenigstens die meisten unserer Gewissheiten als Überzeugungen gelten können. Michel de Mon- taigne hat diesen Gedanken sehr pointiert formuliert. Ich sträube mich gegen Wahrscheinliches, wenn man es mir als untrüglich hin- stellt. Ich liebe vielmehr Ausdrücke, welche die Unbesonnenheit unserer Behaup- tungen mildern und mäßigen, also: vielleicht und gewissermaßen, ein wenig und man sagt, ich denke und dergleichen […]. Michel de Montaigne: Über die Hinkenden (1588), S. 518 f. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Vergegenwärtigen Sie sich nochmals die große Bedeutung des Fragens für die Philosophie. Können Sie sich in Hinblick darauf vorstellen, weshalb absolute Gewisshei ten für viele Philosophinnen/Philosophen kein erstrebenswertes Ziel sind? Diskutieren Sie gemeinsam darüber! 1 2 ausFüHrunG VerTieFunG Skepsis von gr. skopeín , „unter suchen, fragen, nach denken“ Michel de Montaigne (1533–1592) 3 t Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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