Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]

217 aber als Feststellung abschließender Erkenntnisse. Der Prozess des Suchens bringt Denkprozesse in Gang, die wiederum neue Perspektiven zu erschließen helfen und diejenigen, die sich darauf einlassen, von eingefahrenen Gleisen und ausgetretenen Pfaden wegführen. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Erklären Sie den Unterschied, den Sokrates zwischen Meinung und Wissen machte, mit eigenen Worten! Betrachten Sie noch einmal Kants vier Fragen in Abschnitt 6.1.2 und vergleichen Sie diese mit den Überlegungen Gadamers! Wenn Philosophinnen/Philosophen von etwas angezogen werden, das sich entzieht , wie können sie dann jemals zu Ergebnissen kommen? Worin besteht überhaupt ein Ergebnis ? Bilden Sie Gruppen und diskutieren Sie darüber! 1.4 Fragen ohne antworten Sind Fragen, auf die es keine Antworten gibt, nicht irgendwie sinnlos? Schon wenn es mehr als eine Antwort gibt, könnte manch einer geneigt sein, das ganze Unterneh- men der Philosophie als fragwürdig einzustufen. In der Tat stand die Philosophie, zumindest als akademische Disziplin, Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende lang unter dem Anspruch, eindeutig wahre Sätze zu formulieren. Von diesem Anspruch haben sich die meisten philosophischen Strömungen im Lauf des 20. Jahrhunderts mehr oder weniger verabschiedet. Wahrheit wird, wenn überhaupt, mehr als eine Beziehung zwischen Sätzen denn als Beziehung zwischen Sätzen und einer Wirklichkeit jenseits der Sprache behandelt. Wir greifen eben ständig auf Vorannahmen unterschiedlichster Art zurück, allein schon wenn wir etwas wahrnehmen. Außerdem hat sich mittlerweile die Erkenntnis durch- gesetzt, dass Sprache kein bloßes Medium für Gedanken oder Gefühle ist, sondern selbst aktiven Einfluss darauf hat, wie und was wir denken. Denken Sie nur an unser Einstiegsbeispiel und die gar nicht selbstverständlichen Voraussetzungen, die ein scheinbar so einfacher Satz wie „Warum gehe ich bloß gerade hier und jetzt spazie- ren?“ macht. Aber gibt es nicht Antworten auf fast jede Frage? Vielleicht sind diese Antworten nicht besonders gut begründbar, aber entweder werden sie sich irgendwann noch beweisen lassen oder man soll einfach daran glauben, das sei immer noch besser als ständige Ungewissheit. Sagt nicht auch der Philosoph Blaise Pascal, auf Gottes Existenz müsse man wetten, es ergäben sich ohnedies nur Vorteile daraus? Heute würden viele anstatt auf Gott vielleicht eher auf die Evolution, den Fortschritt oder irgendeine andere wirkmächtige, weltgeschichtliche Macht wetten. Aus philosophi- scher Sicht kann dergleichen nicht zufrieden stellen, denn dann würden Denkprozesse mittels dogmatischer, unbewiesener und unbegründbarer Antworten einfach abge- schnitten. Hinzu kommt, dass dogmatische Setzungen immer auch eine politische Dimension aufweisen, sofern es um Machtansprüche und Manipulation geht, also um ideologische Konzepte im weitesten Sinn. 2 3 4 t GrundlaGen Blaise Pascal (1623–1662) Eine kurze Einführung Eine kurze Einführung 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv

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