Psychologie und Philosophie, Schulbuch [Philosophie Teil]
212 ermöglichen sollten, sich in einer Welt zurechtzufinden, die sie als feindselig, kriege- risch, gefährlich erlebten. Dass diese Erzählungen vielfach um Göttinnen und Götter kreisten, spielte dabei vielleicht gar nicht die zentrale Rolle. Wichtiger war es den Menschen unter Umständen, die Welt erzählend zu deuten und sie sich auf diese Weise begreifbarer und erträglicher zu machen, sie vielleicht sogar ein Stück weit gestalten zu können. Unter diesem Gesichtspunkt hat das, was die Erzähler von Mythen getan haben, doch wieder einiges mehr mit dem gemeinsam, was Philoso- phinnen/Philosophen tun, als man auf den ersten Blick meinen möchte. Anregungen zum selbstständigen Weiterarbeiten Worüber haben Sie sich in der letzten Zeit gewundert? Notieren Sie Ihre Erfahrungen und besprechen Sie diese mit Ihrer/Ihrem Sitznachbarin/Sitznachbarn! Recherchieren Sie im Internet und in einem etymologischen Lexikon und einem philosophischen Wörterbuch das Verb wundern . Erstellen Sie eine Liste möglicher Bedeutungen und geben Sie an, welche davon in dem AristotelesZitat gemeint sein könnte! Diskutieren Sie gemeinsam darüber, ob Mythen mehr Gemeinsamkeiten mit Religion oder mit Philosophie haben. 1.2 Philosophische und wissenschaftliche Neugier Kehren wir noch einmal zu unserem nächtlichen Spaziergang zurück. In dem Fall einer/eines Spaziergängerin/Spaziergängers mit „Hang zum Philosophieren“ haben wir zwei unterschiedliche Antwortvarianten angedeutet, die durchaus viel miteinan- der gemeinsam haben, aber zugleich auch nicht unerheblich voneinander abweichen. Im ersten Fall fragt sie/er sich, wie es all das geben kann, was um sie/ihn herum ist. Sie/Er nimmt dabei eine wissenschaftliche Perspektive ein und kommt in weiterer Folge auf Astrophysik. Im zweiten Fall bezieht der/die Spaziergänger/in eine noch allgemeinere Position und nimmt die Betrachtung des Sternenhimmels nur als Anlass für grundlegendere Fragestellungen. Aus heutiger Perspektive würden wir den zweiten Ansatz als philosophisch betrachten, den ersten als wissenschaftlich. In beiden Fällen geht es um ein neugieriges, interessiertes Herangehen an die Welt und sich selbst. Die spezifischen Arten des Zugangs sowie insbesondere die verwen- deten Methoden unterscheiden sich allerdings teils erheblich. Philosophische Fragen, die tendenziell ziemlich grundsätzlicher Art sind, beziehen meist auch weiter rei- chende Konsequenzen oder Perspektiven mit ein. So kann die philosophische Erörte- rung eines Problems etwa in eine ethische oder moralische Diskussion übergehen. Unser/e Spaziergänger/in, der/die nach Klarheit über sein/ihr konkretes In-der-Welt- Sein sucht und auch über alternative Lebenswelten nachdenkt, könnte beispielsweise überlegen, dass er/sie ebenso gut an einem anderen Ort der Erde sein könnte. Womöglich würde er/sie dort ein ganz anderes Leben führen, in Armut oder Unter- drückung vielleicht. Er/Sie könnte dann nicht an einem nächtlichen Strand umherge- hen und dabei über sein/ihr Dasein nachdenken. Würde er/sie in diesem Fall nicht versuchen, von dort wegzukommen, falls irgendwie möglich? Das wäre sicher nicht leicht, und er/sie weiß womöglich gar nicht, ob er/sie den Mut dazu aufbrächte. Aber Mythos Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet zunächst einmal so viel wie „Erzählung“, „Fabel“ oder „Rede“. Oft wird als „Mythos“ aber auch eine ganz bestimmte Form von Erzählung bezeichnet, nämlich die der Sage. 3 4 5 t GrundlaGen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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