sprachreif, Schreibkompetenztraining: Analytische und interpretatorische Textsorten

87 3. 3 — Textinterpretation dass er für persönliche Vorteile eintritt, daher der Hinweis, dass es ihn nicht mehr betreffen werde und ihm die Sache persönlich „wurscht“ sei. der letztgenannte Gegensatz steht konkret im Text, aber nicht in dem exakten Wortlaut. Dieser Leserbrief ist eine Art Aufschrei und zugleich Anklage eines Deutschlehrers. Angeklagt werden Bildungsexperten, Politiker und Medien. Hier hat sich ein Deutschlehrer seine Befürchtungen, ja vielleicht sogar seine Frustration über die Entwicklungen der Schulpolitik von der Seele geschrieben. Auf der einen Seite vermittelt der Leserbrief Resignation, auf der anderen Seite aber vermittelt er einen Funken Hoffnung, dass viele Leserinnen und Leser seinen Aufschrei wahrnehmen und sich vielleicht ebenfalls zu Wort melden, um so die Schulgaleere doch noch in sichere Gewässer zu steuern. Der Leserbrief ist eine Kritik an den Reformen im Schulwesen. Der Verfasser will mit dem Leserbrief gegen die Reformen protestieren, um sie zu verhin- dern. → Der erste Satz ist eine – richtige – Feststel- lung, für eine Interpretation ist er zu wenig. Der zweite Satz ist zu allgemein und in der Weise auch nicht ganz exakt. Als eine Art Protest kann der Brief wohl verstan- den werden. Ein Appell findet sich nur sehr indirekt in dem Brief wieder. Eine Interpretation muss auch nicht eine einzige und eindeutige Aussage treffen. Auch Sachtexte können auf verschiedene Weise gelesen werden und bei den Lesenden ankommen. Dies berücksichtigt der Mustertext links. (529 Wörter) Schreibaufgabe (Hausübung oder Schularbeit) Verfassen Sie eine Textinterpretation. Situation: Im Rahmen einer Beschäftigung mit dem (Dokumentar-)Film „Supersize me“, der die US-Fast- food-Ketten für das Problem Übergewicht verantwortlich macht, unterziehen Sie diverse Artikel zu dem Thema einer kritischen Betrachtung. Lesen Sie den Artikel „Selbstmord mit 10 Fingern“ von Wolfram Siebeck, erschienen in der Wochenzei- tung „Die Zeit“ Nr. 15/2000 vom 06. 04. 2000. Verfassen Sie nun die Textinterpretation und bearbeiten Sie dabei folgende Arbeitsaufträge : — Fassen Sie die vom Artikel behandelten Themen kurz zusammen. — Analysieren Sie Aufbau und sprachlich-stilistische Mittel des Artikels. — Nehmen Sie kritisch Stellung zu Absicht und Darstellungsweise des Artikels. Schreiben Sie 405 bis 495 Wörter. Markieren Sie Absätze mittels Leerzeilen. AUFGABE Geht ein Mann zum Arzt. Keuchend tastet er sich an der Wand entlang. Er ringt nach Atem, seine Beine knicken alle paar Schritte ein, dann nimmt er einen Zug aus der Sauerstoffflasche. Der Mann ist 32 Jahre alt und wiegt 330 Kilo. Er ist auf dem Weg zu einer MagenBypassoperation. Seine Krankheit wird in den USA obesity genannt. Fettsucht. 18 Prozent der Amerikaner leiden da­ runter. Obesity ist eine Volkskrankheit, und vor al­ lem die Armen sind fett. Die Ursache ist bekannt. Die Leute essen zu viel Schund. Zu viel Zucker, zu viel Fett. Und sie bewegen sich zu wenig. Kinder beginnen den Tag mit einem Doughnut und essen abends einen doppelten Cheeseburger, davor und dazwischen wird genascht und nur Limonade ge­ trunken, wie die Washington Post ekelgeschüttelt schreibt. Vielleicht interessieren sich einige dafür. Die Selbstmord mit 10 Fingern Zivilisierte Länder haben strenge Waffengesetze. Und warum darf dann jeder mit Cheesebur- gern herumfuchteln, mit Schokoriegeln und anderem Junkfood? Sieht denn keiner, dass man mit süßem Popcorn sich und andere gefährdet? Von Wolfram Siebeck 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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