sprachreif, Schreibkompetenztraining: Analytische und interpretatorische Textsorten

65 3. 3 — Textinterpretation „verdächtig“, und „sie“. Das Gedicht hat auch spezifische Verben, die wichtig sind. Diese Verben verstärken die Rolle der Beamten als Menschen. Sie machen sozusagen die Beamten zu Menschen mit verschiedenen Gefühlen und Leben. Sonst könnte man glauben, dass der Autor von Maschinen redet. Wichtige Verben im Zusammenhang sind: „wünschen“, „fürchten“, „denken an“, und „lieben“. Am Anfang und Ende der Geschichte ist ein Satz vorkommend, der den Text einrahmt: „um zwölf Uhr kommen sie alle aus dem Portal.“ Dieser Satz wirkt ungefähr als ein Symbol für den ewigen Kreislauf des Alltags eines Beamten. Auch eine Anapher kommt im Text vor. Das sieht man, weil es Übereinstimmung an den Anfängen der Sätze gibt; „Sie wünschen sich, gut zu speisen, sie grüssen sich, sie tragen alle Hüte.“ Eine Antithese ist eine direkte Konfrontation gegensätzlicher Begriffe oder Gedanken in einem Satz. Ein Beispiel dafür ist: „sie lieben ihre Arbeit nicht, doch sie muss getan werden.“ Die Geschichte sieht die Beamten als Menschen, die immer denselben Tagesablauf haben. Sie machen ihre Arbeit aus Pflichtbewusstsein und nicht, weil sie ihnen große Freude macht. Obwohl es sie freut, wenn sie mehr wissen als die Leu­ te vor den Schaltern. Es wird auch gezeigt, dass manche anders sind, weil sie Rettichsalat essen oder Hüte tragen. Die meisten Menschen haben wahrscheinlich eine ähnliche Vorstellung von Beamten wie Bichsel. Sie haben vielleicht auch schlechte Erfahrungen mit Beamten gemacht. Die Sichtweise auf die Beamten entspricht daher schon auch der Wahrheit, aber sicher nicht für alle Beamten. (398 Wörter) : Schülerinarbeit — Schritt 1: Aufgabenerfüllung aus inhaltlicher Sicht: Stellen Sie fest, welche Anforderungen der Aufgaben- stellung erfüllt wurden und welche nicht. Markieren Sie treffende Aussagen. — Schritt 2: Inhaltliche Ergänzungen zur Erfüllung der Aufgabenstellung: Ergänzen Sie notwendige Ausführun- gen. — Schritt 3: Aufgabenerfüllung aus textstruktureller Sicht: Stellen Sie, wenn notwendig, Textpassagen um. — Schritt 4: Aufgabenerfüllung in Bezug auf Stil und Ausdruck: Markieren Sie weniger angemessene Formulie- rungen. Nehmen Sie eine Überarbeitung dieser Formulierungen vor. Viele Schülerinnen und Schüler nützen Interpretationen, die sich zu vielen bekannten Texten im Internet finden. Ja, nützen Sie diese Arbeiten, daraus kann man auch lernen. Aber: Vielfach sind diese Interpretationen fehler- haft, unvollständig, oberflächlich und sprachlich bedenklich. Machen Sie sich daher die Mühe und schreiben Sie zuerst einmal Ihren persönlichen Zugang. Das ist anstrengend, aber fruchtbringend. Ziehen Sie erst danach Texte aus dem Internet heran. Sie können nun Ideen aufgreifen und in Ihre Arbeit einbauen. Vergessen Sie aber nicht, die Quelle anzuführen, falls Sie Ausführungen wörtlich (Zitat) oder indirekt (Hinweis mittels vgl.) verwen- den. Ein literarisches (Selbst-)Gespräch für die Interpretation nutzen Das literarische Gespräch In einem literarischen Gespräch diskutieren fünf bis sechs Teilnehmer/Teilnehmerinnen oder auch die ganze Klasse in einem Sitzkreis (z. B. 15 Minuten) über einen Text. Es geht darum, dass Sie als Teilnehmerin bzw. Teilnehmer sich an einen Text herantasten, indem Sie Ihre Assoziationen aussprechen, Fragen stellen, Vermu- tungen äußern, auf Auffälligkeiten hinweisen und auf die Äußerungen der Mitdiskutierenden reagieren. Sinn des literarischen Gesprächs ist nicht die Erarbeitung einer endgültigen und „richtigen“ Interpretation, sondern auszuloten, auf welche unterschiedlichen Arten sich der Text auffassen lässt (die Literaturwissenschaft spricht von „Lesarten“ eines Textes). Besonders wichtig ist, dass Sie auch artikulieren, was Ihnen an dem Texte nicht auflösbar scheint, was Sie irritiert. Ziel des literarischen Gesprächs ist auch, dass Sie sich darin üben, über literarische Text zu sprechen und dabei Ihre Gedanken und Gefühle äußern, gleichzeitig aber auch auf den Text konzentriert sind. : http://www.leseforum.ch/sysModules/obxLeseforum/Artikel/434/verstehen-und-nicht-verstehen-im-gespraech.pdf ; 02. 01. 2015 Lesen Sie zuerst den kurzen Prosatext „Eine sehr kurze Geschichte“ von Clemens J. Setz und anschließend das schriftlich festgehaltene literarische Gespräch über diesen Text. Ü7 TIPP 3.3.4 – Nur zu Prüfzwecken – Ei gentum des Verlags ö v

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