sprachreif, Schreibkompetenztraining: Analytische und interpretatorische Textsorten

56 3. 2 — Die Textanalyse Drittens: Es geht nicht darum, ob Religionen gut oder böse sind. Es geht darum, dass Menschen gut und böse sein können. Wir dürfen nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Seien wir wachsam, aber verallgemeinern wir nicht. Nicht jeder Mus­ lim ist ein potenzieller Verbrecher, nicht jeder Christ ist ein Guter. Viertens: Achtung vor denen, die es immer schon gewusst haben. Und vor denen, die jetzt einfache Erklärungen anbieten, die schwarz und weiß malen, aber keine Grautöne kennen. Bewegungen wie Pegida 1 in Deutschland muss man ernst neh­ men, aber man muss ihnen nicht unkritisch nach­ laufen. Fünftens: Wer nichts weiß, muss alles glauben. Das gilt ganz besonders in religiösen Fragen. Ist das Wissen in unserer Gesellschaft schon über das Christentum mangelhaft, so ist es über andere Re­ ligionen wie den Islam, das Judentum oder den Buddhismus gar nicht vorhanden. Wir brauchen rasch eine religiöse und gesellschaftspolitische Bil­ dungsoffensive. Keine Werbekampagne für ein einzelnes Glaubensbekenntnis. Es geht darum, das andere, das Fremde, das uns so viel Angst einflößt, zu verstehen, was nicht heißt, dass man auch Ver­ ständnis dafür haben muss. Sechstens: Wir lassen keine Radikalisierung unse­ rer Sprache zu. Sie ist die Vorstufe für die Radikali­ sierung unseres Handelns. Wenn bestimmte Grup­ pierungen jetzt von der Rettung des christlichen Abendlandes vor dem radikalen Islam fantasieren, so sollten wir hinterfragen, wie christlich diese Retter sind. Siebtens: Wir sollten Dinge wieder beim Namen nennen. Wir haben uns in den vergangenen Jahren in einer tugendhaften Schweigespirale selbst gefan­ gen genommen. Das ist nicht nur so, wenn wir Probleme der Migration und des Zusammenlebens mit Menschen aus anderen Kulturen vornehm ver­ schweigen oder über sie hinwegsehen. Wir helfen damit weder uns selbst noch den be­ troffenen Zuwanderern. Eine „Das darf man aber nicht sagen“Mentalität hat weite Bereiche unseres Lebens erfasst. Wer sich nicht demMainstream der Meinungswächter unterwirft, dem bläst der Shitstorm um die Ohren. Ein kleines Beispiel gefäl­ lig? Wer es etwa wagt, den von Menschen gemach­ ten Klimawandel zu hinterfragen, wird wie ein Aussätziger behandelt. Wir müssen wieder lernen, offen und sachlich über alle Lebensbereiche zu diskutieren und unange­ nehme Wahrheiten nicht unter der Tuchent zu hal­ ten. Sonst kommt es eines Tages zur Explosion. Das ist wie bei einem Kelomat. Unsere Gesellschaft steht extrem unter Druck. Die Luft muss raus. Das geht nur mit Rede und Gegenrede und nicht mit Emotion und Eskalation. Dazu gehört das offene Visier und dazu gehört vor allem mehr Wissen über unsere Mitmenschen. : http://www.salzburg.com/nachrichten/meinung/standpunkt/sn/artikel/wer-nichts-weiss-muss-alles-glauben-134068/ ; 11. 01. 2015 1 Pegida: Abkürzung für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, deutscher Verein, der gegen die von ihm befürchtete Islamisie- rung Deutschlands und Europas auftritt; Kritikerinnen und Kritiker werfen ihm Fremdenfeindlichkeit vor. 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 Eine Textanalyse überarbeiten Für das Überarbeiten Ihres Textes eignen sich (teilweise) jene Fragen, die in sprachreif. Schreibkompetenz- training 1 auf Seite 18 angeführt sind 2 und sich auf die Merkmale eines gelungenen Textes beziehen: — Behandelt der Text alle Aspekte, die die Aufgabenstellung verlangt? (Für die Beantwortung dieser Frage ist es sinnvoll, die Operatoren heranzuziehen.) — Besitzt der Text einen roten Faden – also eine Idee, die ihn zusammenhält? — Folgen die einzelnen Abschnitte in einer sinnvollen Abfolge aufeinander? (Ein Tipp: Wer sich an die Reihenfol- ge der Arbeitsaufträge hält, erfüllt in jedem Fall die Grobgliederung.) — Entsprechen die einzelnen Abschnitte der Arbeit der Wichtigkeit, die die Aufgabenstellung ihnen beimisst? — Sind die Wörter/Sätze dem Gegenstand angemessen? — Kommen in der Arbeit die notwendigen Fachbegriffe vor? — Sind die Textteile auch sprachlich angemessen miteinander verknüpft? — Ist die Sprache abwechslungsreich? — Haben Sie vor allem jenen Bereichen von Rechtschreibung und Grammatik eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, die Ihnen bei Schularbeiten immer wieder Schwierigkeiten bereitet haben? Das sind erfahrungs- gemäß die das-/dass-Schreibung, die Wiedergabe der Äußerungen Dritter … 3.2.7 – 2 Vgl. Martin Fix: Texte schreiben. Schreibprozesse im Deutschunterricht. Paderborn: UTB 2 2008, S. 179–180. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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