sprachreif, Schreibkompetenztraining: Analytische und interpretatorische Textsorten

5 1. 2 — Texte verstehen – welche Kompetenzen sind dafür notwendig? Lesen Sie den folgenden Text aus der Tageszeitung „Kurier“ vom 8. 10. 2014. Ü1 Kaufte von Geld der Kunden zwei Renn- pferde für Ehefrau – drei Jahre und neun Monate Haft. Ein Wiener Banker ist am Dienstag im Straflandes- gericht wegen Veruntreuung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Der ehemalige Filialleiter eines großen Geldinstituts hatte in einem Zeitraum von siebeneinhalb Jahren Kundengelder in Höhe von 1,4 Millionen Euro abgezweigt. Er benötigte das fremde Geld, weil er sich beim Hausbau übernom- men hatte. „Ich wollte meine Wohnverhältnisse verbessern“, erläuterte der 47-Jährige einem Schöffensenat 1 . Der Mann wohnte an einer Ausfallstraße in Wien-Liesing und ertrug den Lärm nicht mehr. Er entschloss sich daher, im Wienerwald ein Haus zu bauen, wobei er davon ausging, dass dieses Projekt sich weitgehend mit dem Verkauf seines Eltern- hauses in Perchtoldsdorf finanzieren ließ. „Aus dem Ufer geraten“ Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte. „Das Gan- ze ist leider aus dem Ufer geraten“, gab der Banker zu Protokoll. Eine Hangrutschung, Probleme mit dem Kanalanschluss und der Einbau zusätzlicher Stützmauern hätten Löcher in sein Budget geschla- gen. Als auch sein Kreditrahmen gesprengt war, begann er ab dem Jahr 2006 sich an fremdem Ver- mögen zu vergreifen. Der Banker verwaltete in seiner Filiale eine ganze Reihe von Wertpapierdepots. Bei betagten Kun- den, die vermögend waren und kein Online- Banking betrieben und demnach keinen laufenden Überblick über ihre aktuelle Finanzlage hatten, zwackte er Beträge ab und leitete diese auf ein ei- gens angelegtes Zwischenkonto um. „Ich habe lei- der den leichten Weg genommen“, stellte der 47-Jährige fest. Rennpferde für die Ehefrau Das Geld floss nicht nur in den Hausbau. Auch die Ehefrau durfte sich freuen – ihr kaufte der Banker zwei Rennpferde und einen Audi Q5 2 . Erst im Herbst 2013 flogen die Malversationen 3 auf, der Filialleiter wurde im November festgenommen. „Dass das keiner kontrolliert hat“, wunderte sich Richter Georg Olschak, „da denk ich mir als Bank- kunde schon, das kann nicht wahr sein.“ „In die- semBereich ist die Prüfung nicht stark ausgeprägt“, belehrte ihn der Angeklagte, der mittlerweile sei- nen Job los ist. Die internen Prüfer würden sich hauptsächlich darauf konzentrieren, die den Kun- den eingeräumten Überziehungsrahmen zu über- wachen. Die Kunden wiederum „haben einfach nicht drauf geschaut“, sagte der 47-Jährige. Bei der Strafbemessung waren der lange Delikts- zeitraum und der hohe Schaden erschwerend. Mil- dernd wurden demgegenüber die bisherige Unbe- scholtenheit, das Geständnis sowie die Bereitschaft zur Schadensgutmachung gewertet. Der 47-Jährige hat seinem ehemaligen Arbeitgeber, der den Kun- den die abhandengekommenen Beträge ersetzen musste, ein Alleinverwertungsrecht für die Liegen- schaft im Wienerwald eingeräumt. Zudem hat er zwei Pkw veräußert und den Erlös von insgesamt 56.000 Euro der Bank überwiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der ehemalige Filialleiter erbat Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. : http://kurier.at/chronik/wien/bank-filialleiter-zweigte-1-4-mil- lionen-euro-ab/89.821.524; 08. 10. 2014 1 Schöffensenat: Schöffengericht, für bestimmte Delikte zuständig 2 Audi Q5: PKW der gehobenen Klasse 3 Malversationen: finanzielle Unregelmäßigkeiten Bank-Filialleiter zweigte 1,4 Millionen Euro ab 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 Schritte zum Erfassen dieses Sachtextes — Textsignale erfassen: Layout eines Zeitungsberichts – Überschrift – Bild – Bildunterschrift — Wichtige Aussagen erfassen: In Wien ist der Filialleiter einer Bank zu einer mehrjährigen Haft verurteilt worden, weil er Geld unterschlagen hat, das er für private Zwecke brauchte. — Beziehung zwischen den einzelnen Abschnitten (= Absätzen) herstellen: Wiederaufnahme bzw. Ersatzfor- men: Bank-Filialleiter – Wiener Banker – Filialleiter – Der Mann – Er – Banker – Filialleiter – der Angeklagte – der 47-Jährige – er – Filialleiter — Vor- und Weltwissen aktivieren: Sie haben von Menschen gehört und gelesen, die ihre berufliche Position missbraucht haben, um ihren aufwändigen Lebensstil zu finanzieren; Wissen um die strafrechtlichen Konsequenzen — Wissen um die Textsorte Zeitungsbericht aktivieren: Art der Aufmachung – Bild, Schlagzeile, fett gedruckte Zusammenfassung mit den wichtigsten Informationen – und sprachliche Gestaltung lassen sofort an einen Bericht denken. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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