sprachreif, Schreibkompetenztraining: Analytische und interpretatorische Textsorten

18 3. 1 — Die Zusammenfassung Textreduktion durch Generalisieren und Abstrahieren Die Begriffe Generalisieren und Abstrahieren werden häufig als Synonyme verwendet. Generalisieren bedeutet „verallgemeinern“: Beim Generalisieren schließt man von Einzelbeispielen auf das Ganze. Überlegungen/Aussagen können übertragen und verallgemeinert werden. Einzelne Informationen werden gedanklich und schließlich auch sprachlich so zusammengefasst, dass der sie verbindende inhaltliche Aspekt erkannt und benannt wird. Abstrahieren ist dem Verallgemeinern verwandt. Konkrete Feststellungen, Beschreibungen, Objekte … werden genau geprüft, abgewogen und von der Einzelerscheinung losgelöst, sodass diese zu übergeordneten und deshalb auch abstrakten Feststellungen/Begriffen zusammengefasst werden können. Unwichtig erscheinende Aspekte eines Themas/einer Sache werden weggelassen und es erfolgt eine Konzentration auf das Wesentliche. Da für ein erfolgreiches Abstrahieren Wissen und Reflexionsfähigkeit Voraussetzungen sind, führt das Abstra- hieren auch zu einem Erkenntnisgewinn. Beispiele für Abstrahieren/Generalisieren: Die Frau sagte …, ihr Mann antwortete …, sie erwiderte …, er widersprach …, sie behauptete …, er entgegnete … Übergeordnete Begriffe für die beiden Sprechenden können sein: Paar, Ehepaar; Übergeordnete Begriffe für die Art des Miteinandersprechens können – je nach Redeinhalt – sein: Dialog, Diskussion, Streit, Auseinandersetzung … Die kognitiven (= gedanklichen) Fähigkeiten für das Abstrahieren bzw. Generalisieren sind wichtig, um komplexe Texte auf wesentliche Informationen/Aussagen zusammenzufassen. Auf sprachlicher Ebene wird das mittels unterschiedlicher Verfahren umgesetzt. Teile des Textes, die der Schreiberin/dem Schreiber verzichtbar erscheinen, können weggelassen oder verkürzt werden; andere werden in übergeordnete Aussagen integriert. Detaillierte Ausführungen werden verallgemei- nert und mit Oberbegriffen überschaubar gemacht. Oberbegriffe fassen zum Beispiel Wörter eines Wortfeldes systematisch zusammen und reduzieren den Textumfang, wobei gleichzeitig mehr Übersicht und Klarheit geschaffen wird. Beispiele: Eine Füllfeder, ein Bleistift und ein Kugelschreiber sind „Schreibmaterialien“; Eiche, Birke und Ahorn sind „Laubbäume“. Beim Abstrahieren und sprachlichen Komprimieren wird häufig der Nominalstil eingesetzt. In fachsprachlichen, wissenschaftlichen oder juristischen Texten findet man zahlreiche Formulierungen im Nominalstil, die höhere inhaltliche Präzision bei meist geringerer Wortanzahl ermöglichen. Beispiele für Nominalisierungen finden Sie auf S. 22 f. Lesen Sie den folgenden Zeitungsbericht aus der Tageszeitung „Salzburger Nachrichten“ vom 17. 12. 2014 und führen Sie folgende Arbeitsschritte aus: — Notieren Sie sich gleich beim ersten Lesen für jeden Absatz ein wichtiges Stichwort (oder auch eine Wort- gruppe) zum Inhalt. — Verkürzen Sie beim zweiten Lesen (Detaillesen) den Inhalt der einzelnen Absätze möglichst zu einem Satz. Sie verdichten dabei einzelne Informationen zu allgemeinen, übergeordneten Aussagen. Arbeiten Sie hier, wenn möglich, auch mit Oberbegriffen. Ü5 Bedächtig wie bei einer Trauerprozession steigt ein Dutzend Frauen und Männer die Stufen zum Kel­ ler eines buddhistischen Tempels in Seoul hinab. Alle sind in ein gelbes Gewand aus Jute gekleidet – die traditionelle Trauerkleidung in Korea. Vor sich tragen sie eine Kerze und ein mit Trauerrand verziertes Foto von sich. „Nehmen Sie jetzt Ab­ schied von sich“, sagt eine Männerstimme. Die Szene spielt sich in einem nur mit Kerzen­ schein beleuchteten großen Raum ab, in dem zahl­ reiche sargähnliche Holzkisten stehen. Dann legen „Happy dying“: Südkoreaner üben das Sterben In sogenannten Happy-dying-Kursen proben Ostasiaten den eigenen Tod. Mit dem Ziel, glücklicher zu werden. 2 4 6 8 10 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlag öbv

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