sprachreif, Schreibkompetenztraining: Argumentative und appellative Textsorten

92 3. 6 — Empfehlung Verbindlichkeitscharakter haben. Sie richten sich in erster Linie an Instanzen, deren Entscheidungen dadurch beeinflusst werden, und sind häufig öffentlich zugänglich. Die im Berufsalltag bekannte Form des „Empfehlungsschreibens“, das Arbeitnehmer/innen beim Ausscheiden aus einer Firma von ihren Vorgesetzten erhalten, kann im positiven oder negativen Sinn über die berufliche Zukunft eines Menschen entscheiden. quelle u.a.: Fandrych, Thurmair 2011: S. 163 f. Zusatzinformation Die folgenden Übungen dienen dazu, Sie mit unterschiedlichen Formen der Textsorte Empfehlung vertraut zu machen. Sie nähern sich schrittweise dem Verfassen eines eigenen Empfehlungstextes an, indem Sie zuerst sprachliche Besonderheiten von Buchempfehlungen im Internet untersuchen, selbst einen kurzen Empfehlungs- text für ein frei gewähltes Buch schreiben und schließlich eine Ernährungsempfehlung einer medizinischen Institution für jüngere Schüler/innen sprachlich vereinfachen und kürzen. Sie schärfen dabei Ihren kritischen Blick auf die Sprachverwendung in manchen Internetforen, üben sich in Umformulierungsaufgaben, trainieren Strategien zur Textüberarbeitung, Textvereinfachung und Zusammen- fassung. Am Ende des Übungsaufbaus steht das eigenständige Verfassen einer Empfehlung. Lesen Sie den folgenden Zeitungsbericht aus der Tageszeitung „Die Presse“ vom 04. 01. 2013, in dem über Buchempfehlungen im Internet geschrieben wird: Dass jeder öffentlich über Bücher befinden kann, ist schön – und oft lustig. Freude, Frust, Jubel und Wut werden in Leserforen deponiert. Was Inter- netuser über Klassiker wie „Werther“ oder „Emma Bovary“ schreiben. „Wenn er denn wenigstens weg wäre! Aber da isser doch, ständig überall immer nur ,Ich bin dann mal weg‘. Wenn es um eine Auszeit geht, Kerkeling, dann schreib halt nicht drüber!“ So könnte es klin- gen, wenn ein Leser im Netz seinen Lektüregefüh- len zu Harpe Kerkelings Jakobsweg-Bestseller Aus- druck verleiht. Könnte – das Zitat ist eine Erfindung. Es stammt aus dem jüngst erschienenen Buch „5 von 4 Kun- den fanden diese Rezension sehr hilfreich“ (Ro- wohlt), einer sehr unterhaltsamen Satire auf die demokratisierte Literaturkritik im Internet. Was früher in privaten Lesezirkeln abgehandelt worden ist, ist heute für jeden nachzulesen. Freude, Frust, Jubel und Wut werden auf Amazon und in anderen Leserforen deponiert – oder in Blogs, die Namen tragen wie „Lesefee“ oder „Bücherwurm“. Für die einen ist dieses Phänomen Ausdruck der Vielfalt, für die anderen der Untergang seriöser Li- teraturkritik. Wenn die Wirklichkeit die Satire überholt Aber das Internet ist nicht schuld daran, dass Zei- tungen reihenweise ihre Literaturseiten „gesund- schrumpfen“. Vielmehr hat es das Monopol der traditionellen Medien auf seriöse Literaturkritik gebrochen. Blogs wie die „Notizen“ des promovier- ten österreichischen Literaturwissenschaftlers Christian Köllerer (koellerer.net ) zeigen: Es gibt genug Qualität, man muss sie nur suchen. Dass jeder, der gern Bücher liest, öffentlich seine Meinung darüber kundtun kann, ist ebenfalls schön, hat freilich auch seine lustige Seite. In „5 von 4 Kunden fanden diese Rezension sehr hilf- reich“ haben die Autoren, vier deutsche Journalis- ten, nur selbst geschriebene, von „echten“ Rezen- sionen inspirierte Texte versammelt. Wer sich aber im Netz umsieht, merkt rasch, dass die „Wirklich- keit“ der Satire in diesem Fall mindestens ebenbür- tig ist. Und zwar gerade dann, wenn es sich um literari- sche „Klassiker“ handelt. Nicht wenige Verfasser sind offensichtlich Schüler, die sich lustvoll für Lektürequalen rächen, zumal manche Lehrer sogar Amazon-Kritiken als Aufgaben vergeben. Kritik im Netz: „Laszive“ Bibel, „labernder“ Goethe Von Anne-Catherine Simon (Die Presse) 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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