sprachreif, Schreibkompetenztraining: Argumentative und appellative Textsorten

70 3. 4 — Offener Brief Inhalt Ein offener Brief formuliert an die Empfänger/innen eine Aufforderung zum Handeln, Nichthandeln, zu einer Stellungnahme usw. Absicht Ein offener Brief will eine konkrete Reaktion derjenigen hervorrufen, an die er adressiert ist. Die Leser/innen sollen sich der Meinung der Verfasserin/des Verfas- sers anschließen oder sich in der von ihr/ihm gewünschten Art und Weise verhalten. Gliederungselemente/ textsortenspezifische Muster Einleitung: Anrede der konkreten Adressantinnen und Adressaten. Nennung des Schreibanlasses: Bezugnahme auf den im Ausgangstext veröffentlichten Anlassfall. Hauptteil: Ausführung des Appells, Begründung des Appells. Darlegung, was die Angesprochenen positiv zum Anlassfall beitragen können und warum sie es tun können. Ausführung der eigenen Ansichten. Schluss: Zusammenfassung, Schlussfolgerung, Fazit, Resümee, Resultat, Forderung, Mahnung, Appell in Bezug auf mögliche Handlungen der Angesprochenen. Sprache Ein offener Brief weist folgende sprachliche Kennzeichen auf: – Ich-Botschaft – Adressat/in wird direkt angesprochen – das Anliegen wird klar und deutlich und für alle Leser/innen verständlich vorgebracht – Einsatz von rhetorischen Mitteln – Zuspitzung und Ironie in Maßen erlaubt – unterschiedliche Formen von Appellen – trotz mitunter notwendiger Direktheit sind die Formen der Höflichkeit unbe- dingt zu wahren Umfang Je nach Thema: 270 bis 330 oder 405 bis 495 Wörter, selten 540 bis 660 Wörter. Die vorgegebene Wortanzahl soll eingehalten werden. Medien stellen zur Veröffent- lichung nur einen begrenzten bzw. vorgegebenen Platz zur Verfügung. Beispiele für verwandte Textsorten Leserbrief, Plädoyer, Aufruf, Flugblatt, Blog, Leserkommentar, Gegendarstellung, Erörterung. Lesen Sie den folgenden offenen Brief. Anrede Erläuterungen Darlegung des persönlichen Bezugs zum Thema Beispieltext offener Brief Offener Brief an Facebook-Chef Mark Zuckerberg Sehr geehrter Herr Zuckerberg, mit großer Verwunderung habe ich gesehen, dass „Facebook“ ungeachtet der Bedenken von Nutzern und massiver Kritik von Verbraucherschützern den Datenschutz im Netzwerk weiter lockern möchte. Wie es in Ihrer aktu- ellen Datenschutzrichtlinie heißt, sollen künftig Nutzerdaten automatisch an Dritte weitergegeben werden. Dabei soll es sich um vorab überprüfte Website- und Applikationen-Betreiber handeln. Wer dies nicht möchte, muss selbst tätig werden und aktiv die Opt-Out-Funktion benutzen. Ich nutze jeden Tag, beruflich wie privat, das Internet und bin Mitglied in mehreren sozialen Netzwerken, darunter auch bei Facebook. Soziale Netz- werke sind eine Bereicherung und aus unserem Leben nicht mehr wegzu- denken. Gerade weil Netzwerke wie Facebook Millionen von Menschen über Ländergrenzen hinweg miteinander vernetzen, muss der Schutz der Privatsphäre einen hohen Stellenwert haben. 2 4 6 8 10 12 14 Einleitung: Nennung des Schreibanlasses. Information der Leser/innen. Rhetorische Floskel: „Mit großer Verwunderung“ Argument und Appell Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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