sprachreif, Schreibkompetenztraining: Argumentative und appellative Textsorten

34 3. 1 — Leserbrief All diese Städte haben heute kein Problem mehr mit streunen- den Hunden. Lediglich dort, wo Behörden aufgrund eines poli- tischen Hickhacks und einer Instrumentalisierung des Themas eine Lösung verhindern, wie etwa in Bukarest, besteht es nach wie vor. Die positiven Beispiele machen vor allem eines sehr deutlich: Wir brauchen keine Hunde zu töten, um Menschen zu helfen. (304 Wörter) Heli Dungier, CEO/Stiftungspräsident Vier Pfoten, 1150 Wien quelle: Die Presse, 20. 09. 2013 34 36 38 40 Gegenbeispiel als Stütze Zusammenfassung und Appell Hinweise zum Beispieltext „Keine Hunde töten, um Menschen zu helfen“ Situation: Die Leserbriefschreiberin ist nicht damit einverstanden, wie in einem Kommentar in der Tageszeitung „Die Presse“ („Die einen schützen die Rumänen, die anderen rumänische Straßenköter“, von Sibylle Hamann, 18. 09. 2013) das Problem streunender Hunde in Rumänien dargestellt wird. Sie war mehrmals in Rumänien und möchte ihre Sicht des Problems darlegen. Adressatinnen und Adressaten: Die Leserbriefschreiberin wendet sich direkt an die Verfasserin des Kommen- tars: „Das Bild, das Sie von den Hunden zeichnen, entspricht schlicht nicht der Realität.“ Gleichzeitig hofft die Verfasserin, möglichst viele Leser/innen von ihrer Sichtweise zu überzeugen. Inhalt: Die Leserbriefschreiberin wendet sich gegen die Sichtweise des Kommentars, dass man sich zwischen dem Schutz der Menschen oder der Hunde entscheiden müsse. Sie stellt ihre eigene Sichtweise dar, unterstützt sie mit Argumenten, macht Lösungsvorschläge und schließt mit einem Appell. Absicht : Die Leserbriefschreiberin möchte die Sichtweise aufbrechen, dass man sich zwischen Menschenschutz und Tierschutz entscheiden muss, und möchte damit erreichen, dass man sich gegen die Tötung streunender Hunde und für ein Kastrationsprogramm ausspricht. Gliederung: Dieser Leserbrief weist exakt jenes Gliederungsmuster auf, das in den Anforderungen für diese Textsorte (siehe die Tabelle „Anforderungen an einen Leserbrief“) genannt wird. Sprache: Der Leserbrief enthält kurze bis mittellange Sätze. Es sind vor allem Hauptsätze (= parataktischer Stil), nur selten Satzgefüge oder Nennformgruppen. Die Sprache ist fast durchgängig sachlich; einmal wird eine Übertreibung (Hyperbel: „Meute blutrünstiger Hunde“) sowie eine starke Metapher („in Geiselhaft genommen“) eingesetzt. Es wird notwendiges Fachvokabular verwendet („Streuner“, „Population“, „Geburtenkontrollinitiati- ve“). Argumentative Muster der Gegenüberstellung: „Selbstverständlich – aber“, „Ja – aber“ (zu diesem Muster siehe Seite 29 f.) „Wir brauchen keine Hunde zu töten, um Menschen zu helfen“. Wichtige Teilkompetenzen für das Schreiben eines Leserbriefs: Sie können … — verschiede Formen von Leserbriefen unterscheiden — zwischen Argumenten und Meinungen unterscheiden — die Qualität von Argumenten einschätzen — sprachliche Besonderheiten analysieren und anwenden — Argumentationsmuster erkennen — einen Leserbrief bewerten und überarbeiten Verschiedene Formen von Leserbriefen Leserbriefe nehmen Stellung a) zu Sachverhalten oder Geschehnissen, die in einem Bericht dargestellt wurden b) zur Gesamtaussage oder Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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