Deutsch – Mündliche Reifeprüfung, Maturatraining

2. 22 — Medienkulturkompetenz Medienkulturkompetenz Thema: Die Rolle der Printmedien in unserer Gesellschaft 2.22 – Text: Frank Schirrmacher: Über die Zukunft von Zeitungen Sprechen Sie über folgende Aufgabenstellung: ― Geben Sie die wichtigsten Aussagen Frank Schirrmachers zum Wesen des Qualitätsjournalismus wie­ der. ― Erklären Sie, worin der Autor die Auswirkungen des Internets auf die Printmedien erblickt. ― Nehmen Sie kritisch zur Rolle der Printmedien in Zeiten sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter Stellung. Ausgewählte Teilkompetenzen , die Sie für die Lösung der Aufgabe benötigen: Sie können … ― Medienformate unterscheiden ― die historische Entwicklung der Medien überblicken ― Interessen und Absichten hinter medialen Texten analysieren ― unterschiedliche Wirkungen verbaler, visueller, akustischer Ausdrucksmöglichkeiten erfassen Aufgabe Text: […] Wir reden ja immer davon, wie das Internet die wirtschaftlichen Bedingungen des Journa- lismus verändert, also das Anzeigengeschäft, die Distribution, die Organisation von Redaktionen. Das eigentlich Revolutionäre besteht aber darin, dass das Internet die Köpfe verändert. Unser Gehirn wird ständig benutzt, also: Nicht wir benutzen es, sondern es wird benutzt. Wir sind einer medialen Informationsflut ausgesetzt, der man sich gar nicht mehr entziehen kann. Das verändert natürlich auch den Journalismus. Sie sehen das an der Themenauswahl, an der Art und Weise, wie Themen verfolgt werden, und an der Kurzatmigkeit der Berichterstattung. All das sind Phänomene einer neuen Technologie. Die Frage ist ja nicht, benutze ich beim Schreiben und Re- cherchieren nun Maschine A oder B, sondern was passiert aufgrund einer neuen Technologie in den Köpfen. […] Die Printwelt ist eine teure Welt. Eine Zeitung muss gedruckt und distribuiert werden, zudem ist der Platz begrenzt, daher muss eine Auswahl stattfinden, was in die Zeitung kommt. Durch diesen auch ökonomisch notwendigen Auswahl- prozess bekommt Print eine höhere Wertigkeit. Hinzu kommt, dass Printtexte viel tiefer gelesen werden als Onlinetexte. Das Wissen, dass dem so ist, ist bei den Menschen auch implizit vorhan- den. Es ist kein Zufall, dass Manager, Politiker und Künstler großen Wert darauf legen, dass In- terviews mit ihnen in der Printausgabe und nicht nur online erscheinen. […] Ein Journalist muss heute wissen, was im Netz diskutiert wird, und gleichzeitig in der Lage sein, das zu exorzieren, um den freien Blick auf die Dinge zurückzugewinnen. Ich persönlich pro- fitiere wahnsinnig vom Internet, aber ich weiß auch: Ich bin dort buchstäblich hinter Glas und muss immer wieder versuchen, den Weg hinaus zu finden. Ich sehe durchaus die Gefahr, dass wir einen geklonten Journalismus bekommen und überall das Gleiche steht. Wir haben die Aufgabe, uns dieser technologisch induzierten Gleichschal- tung entgegenzustemmen. […] Ich bin überzeugt davon, dass es einen Bio- rhythmus der Nachrichten gibt. Eine Nachricht wird sofort konsumiert, wobei im Netz die neue Nachricht die vorhergehende gewissermaßen aus- löscht. Auf der anderen Seite bedarf es 24 Stun- den, um sich etwas zu erarbeiten. 24 Stunden sind in der heutigen Welt eine Ewigkeit. So gesehen hat Print einen gewissen Ewigkeitscharakter. Wenn etwas in der Zeitung steht, signalisiert der Absen- 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 „Über die Zukunft von Zeitungen.“ Ein Gespräch mit Frank Schirrmacher und Horizont-Chef Jürgen Scharrer (2012) 81 Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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