Deutsch – Mündliche Reifeprüfung, Maturatraining

2. 16 — Analyse und Interpretation von Reden Analyse und Interpretation von Reden Thema: Die Gelegenheitsrede eines politischen Repräsentanten analysieren 2.16 – Text: Neujahransprache des Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer am 1. 1. 2013 Sprechen Sie über folgende Aufgabenstellung: ― Beschreiben Sie die Situation, aus der heraus diese Rede gehalten wird. ― Untersuchen Sie die sprachlichen Auffälligkeiten der Rede. ― Erschließen Sie die zentralen Themen der Rede und die damit zusammenhängende inhaltliche Gliederung. ― Bewerten Sie, inwieweit die erkennbare Redestrategie dem Redeanlass entspricht. Ausgewählte Teilkompetenzen , die Sie für die Lösung der Aufgabe benötigen: Sie können … ― Redesituation erklären ― Thema/Problemgehalt benennen ― stilistisch-rhetorische Mittel analysieren ― Absicht der Rednerin/des Redners erschließen ― Redeaufbau nachvollziehen ― Strategien und Taktiken erkennen und ihre möglichen Wirkungen einschätzen Aufgabe Text: Neujahransprache des Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer am 1. 1. 2013 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Am ersten Tag des Neuen Jahres darf ich Sie alle sehr herzlich grüßen. Ich hoffe, dass Sie den Silvesterabend – dieses Symbol für den Kreislauf der Jahre und des Le- bens – gut verbracht haben. Gerne nütze ich auch die Gelegenheit, um mich für die vielen aufmunternden und warmherzigen Zuschriften, die ich zu den Feiertagen erhalten habe, zu bedanken. Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wenn wir die Zukunft von Österreich und Europa ver- antwortungsvoll gestalten wollen, müssen wir uns über Stärken und Schwächen der Gegenwart klar werden. Dabei sind viele Gesichtspunkte zu beachten. Jemand, der zum Beispiel darauf hinweist, dass Ös- terreich pro Kopf der Bevölkerung eines der reichsten Länder der EU ist, dass wir die niedrigste Arbeitslosig- keit in der EU haben und dass die Lebensqualität in Ös- terreich besonders hoch ist, der hat Recht und kann sich auf konkrete Zahlen und Fakten stützen. Dennoch gibt es auch bei uns Fälle bitterer Armut, die wir nicht ignorieren dürfen, und dringenden Reform- bedarf in verschiedenen Bereichen. Wahr ist auch, dass die finanzielle und wirtschaftliche Stabilität in einzelnen Staaten der Europäischen Uni- on nach wie vor gefährdet ist, und dass in einzelnen europäischen Regionen jeder zweite Jugendliche ohne Arbeit ist. Aus einer solchen Perspektivlosigkeit können – wenn man nicht dagegen ankämpft – Gefahren für Demokratie und Stabilität in Europa entstehen. Andererseits steht fest, dass uns das Projekt Europa sechs Jahrzehnte Frieden und die Chance für die ge- meinsame Lösung von Problemen gebracht hat, die ein einzelner europäischer Staat wie Österreich in einer globalisierten Welt allein nicht lösen kann. Meine Damen und Herren! Tatsache ist, dass sich Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg einen lang anhaltenden Aufschwung erar- beitet hat. Diese erfreuliche Entwicklung ist aber in den letzten Jahren durch die weltweite Finanz- und Wirt- schaftskrise radikal gebremst worden. Das schafft Unsicherheit, verschärft die Verteilungs- problematik und vergrößert die Parteien- und Poli- tikverdrossenheit. Zugleich haben Auswüchse und Fehlentwicklungen im Bereich der Finanzwirtschaft, Spekulationsgeschäfte, Zinswetten und eine Art Kasinomentalität enorme Schäden verursacht. In weni- gen Minuten, ja Sekunden, können Millionen verdient, aber auch verspielt werden. Das ist ein Hohn auf das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit und auch der Leis- tungsgerechtigkeit. Daher müssen wir alles tun, damit die Soziale Marktwirtschaft in Österreich und Europa 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 63 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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