Deutsch – Mündliche Reifeprüfung, Maturatraining

2. 12 — Kinder- und Jugendliteratur Text 2: Dagmar Chidolue: Lady Punk (1985) 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 Inhalt: Die 15-jährige Terry empfindet ihr Leben als langweilig, obwohl sie sich alles kaufen kann, was sie will, und ein Leben ohne Einschränkungen führt. Sie verachtet ihre Mutter, die oft ihre Freunde wechselt, und leidet unter der Tat- sache, dass sie ihren Vater nicht kennt. Diese Schwierigkeiten überspielt sie mit auffälliger Kleidung und übertrieben selbstbewusstem Auftreten. Zu zwei Menschen empfindet sie tiefe Zuneigung: zu ihrer Großmutter und zu ihrem Vater, obwohl er vor elf Jahren nach einem Streit mit ihrer Mutter in die USA aufgebrochen ist. Erst als sie einem Brief ihres Vaters entnehmen kann, dass auch er kein perfekter Mensch ist, kommt sie mit sich und ihrer Familie besser zu Rande. Terry sah sich im McDonald‘s in aller Ruhe um. Es war mittags gewesen und der Laden voller Schüler. Terry bestellte sich ein Essen mit vier Gängen. Einen Cheese- burger, Pommes mit Ketchup, eine heiße Apfeltasche und einen Sundae-Eisbecher. Dazu gab es zuerst einen Happy-Mäc-Shake zu trinken und später die große Cola. Da ging es ihr wirklich gut, wie immer nach ei- nem großen Menü. Sie nuckelte an dem rot gestreiften, abgeknickten Strohhalm und wählte aus. Die meisten Typen kannte sie. Sie brauchte nur mit dem Finger zu schnippen, dann hätte sie sie. Aber es sollte nicht ir- gendeiner sein wie Pit von der Oberstufe oder Sven aus der Neunten. Terry suchte sichThomas aus, weil sie ihn noch nie gese- hen hatte. Er sah gut aus, natürlich, und war bestimmt aus der Zehn oder der Elf. Er stand auch ein bisschen über den Dingen. Das Disco-Geschwätz der anderen schien ihn nicht zu berühren. Auch Terry konnte sich vor Schmerzen winden, wenn sie das Gerede der ande- ren hörte, immer dasselbe, und es kam nicht daher, dass sie noch nicht in die Disco durfte, weil sie noch nicht sechzehn war. In der Beziehung hatte sie Pech. Obwohl sie aussehen wollte wie mindestens siebzehndreiviertel und das nach gut zwei Stunden Arbeit an ihrem Gesicht auch glatt schaffte, checkten sie jedes Mal, wenn sie auf Tour gehen wollte, die Ausweise, und Terry musste draußen bleiben; es blieb ihr nur die Straße. Terry mochte Leute mit Persönlichkeit, und die meisten besaßen rein gar nichts davon, aber Thomas kaute seine Fingernägel, er war nervös, und das war ein gutes Zei- chen. Irgendetwas in ihm schien ihn zu beschäftigen. Er sah aus, als horche er in sich hinein. Er kaute einen Fingernagel nach dem anderen ab. So etwas von Kon- zentration hatte Terry noch nie gesehen und sie wollte es wissen. „Hallo“, sagte sie. „Ich habe dich hier noch nie gese- hen.“ Er nahm seinen Finger aus demMund und starrte sie an. „Ich bin Terry“, sagte sie. „Terry Burger.“ Börger! „Was machst du hier?“ Fast hatte Terry es schon bereut, ihn angesprochen zu haben, weil sie ihr Pulver nicht gern umsonst vergeudete, aber dann war er doch ange- macht, sagte: „Hallo“ und: „Ich bin Thomas Wiesner“, und die Sache nahm ihren Lauf. quelle : Dagmar Chidolue: Lady Punk. Weinheim/Basel 1985, S. 18–20. (= Beltz & Gelberg Taschenbuch 711). 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 Zusatzinformation Der Trotzkopf ist eines der bekanntesten deutschen Mädchenbücher. Lady Punk erschien 100 Jahre später und wurde 1986 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Tipps für die Weiterarbeit: Sie können für Ihre private Leseliste einen Schwerpunkt „Adoleszenzromane“ ins Auge fassen. Einige interes­ sante Beispiele dafür sind „Caretta Caretta“ von Paulus Hochgatterer, „Unter Verdacht“ von Joyce Carol Oates, „So lonely“ von Per Nilsson, „Winterbucht“ von Mats Wahl. Wenn Sie ein besonders gelungenes Medienver­ bundphänomen im Bereich der Jugendliteratur studieren wollen, setzen Sie sich mit dem Phänomen Harry Potter auseinander. TIPP . 51 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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