Deutsch – Mündliche Reifeprüfung, Maturatraining

2. 12 — Kinder- und Jugendliteratur Kinder- und Jugendliteratur Thema: Der Umgang mit dem anderen Geschlecht 2.12 – Text 1: Emmy von Rhoden: Der Trotzkopf Text 2: Dagmar Chidolue: Lady Punk Sprechen Sie über folgende Aufgabenstellung: ― Fassen Sie den Inhalt der beiden Textstellen zusammen. ― Charakterisieren Sie das Verhalten der beiden jungen Frauen in dieser vergleichbaren Situation. ― Setzen Sie die sprachlichen Auffälligkeiten der Textausschnitte in Beziehung zu den Ergebnissen Ihres Vergleichs. ― Begründen Sie, welcher Strömung der Kinder- und Jugendliteratur jeder der beiden Romanausschnitte zugeordnet werden kann. Berücksichtigen Sie dabei die Entstehungszeit eines jeden Romans: „Der Trotzkopf“ erschien 1885, „Lady Punk“ 1985. Ausgewählte Teilkompetenzen , die Sie für die Lösung der Aufgabe benötigen: Sie können … ― an einem Beispiel – etwa dem Adoleszenzroman (= Roman über das Erwachsenwerden) – den Wandel einer Gattung charakterisieren ― unterschiedliche thematische Schwerpunkte der Kinder- und Jugendliteratur erläutern ― Textausschnitte nach bestimmten Fragestellungen analysieren und interpretieren ― sprachliche Auffälligkeiten eines Textes erkennen, benennen und mit dem Inhalt in Beziehung setzen Aufgabe Text 1: Emmy von Rhoden: Der Trotzkopf (1885) 2 4 6 8 10 12 14 Inhalt: Die Hauptfigur des Romans ist die zu Beginn der Handlung 15-jährige Ilse Macket, die mit ihrem Vater auf dem Gut Moosdorf in Pommern lebt. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter wächst Ilse in völliger Freiheit auf. Ihr Vater heiratet wieder und schickt Ilse in ein Internat, damit sie dort zu einer jungen Dame erzogen wird. Nach anfänglichen Schwie- rigkeiten fügt sich Ilse bestens in das Internatsleben ein. Ein Jahr später kehrt sie zu ihren Eltern auf das Gut zurück. Bei einem Zwischenstopp während der Heimfahrt lernt sie den Landratssohn Leo Gontrau kennen. Ilse wandte den Kopf, und als ihr Auge flüchtig die Ge- stalt eines jungen Mannes streifte, erfasste sie eine un- nennbare Angst. Was wollte er von ihr – warum redete er sie an? Sie verlor alle Fassung und nur der eine Ge- danke beherrschte sie: „Du darfst ihn nicht anhören!“ Als ob sie nichts gehört habe, ging sie weiter, und als sie bemerkte, dass sie verfolgt wurde, beschleunigte sie ihre Schritte. Wie ihr das Herz klopfte vor Angst und Aufregung! „Sie haben etwas verloren, gnädiges Fräu- lein, wollen Sie nicht die Güte haben, mir einen Augen- blick Gehör zu schenken!“, rief er dringend. Nun stand sie still, aber sie wagte nicht, sich nach ihm umzusehen. Er benützte schnell diesen Moment und trat vor sie hin. Mit niedergeschlagenen Augen und in ängstlicher Verlegenheit stand sie vor ihm. „Wie eine Waldblume“, hatte Tante Lange zu ihm gesagt. Jetzt wusste er, wen sie damit gemeint hatte. „Ich fand diesen Brief dort“, sprach er. „Gehört er vielleicht Ihnen?“ Ein flüchtiger Blick belehrte Ilse, dass er den Brief ihres Pa- pas in der Hand hielt. „Ja“, sagte sie, ziemlich beschämt über ihr albernes Davonlaufen, „er gehört mir.“ – Sie nahm ihn in Empfang, ohne den jungen Mann anzu- sehen. „Ich danke Ihnen“, fügte sie noch hinzu und wollte mit einer schüchternen Verbeugung weiterge- hen. „Also, dann sind Sie Fräulein Ilse Macket!“, rief er lachend. Erstaunt blickte Ilse ihn an und nun sah sie zum ersten Male in das hübsche, von der Sonne etwas gebräunte Gesicht des jungen Gontrau. quelle : Emmy von Rhoden: Der Trotzkopf. Würzburg: Arena 2005, S. 191. 16 18 20 22 24 26 28 50 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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