Deutsch – Mündliche Reifeprüfung, Maturatraining

2. 8 — Wesentliche Entwicklungen der Weltliteratur Wesentliche Entwicklungen der Weltliteratur Thema: Salman Rushdies „Mitternachtskinder“ als Werk der Weltliteratur 2.8 – Text 1: Goethes Vorstellung von Weltliteratur Text 2: Salman Rushdie: Mitternachtskinder Sprechen Sie über folgende Aufgabenstellung: ― Erläutern Sie, was Goethe unter den Begriffen „Nationalliteratur“ und „Weltliteratur“ versteht. ― Setzen Sie Goethes Definition in Beziehung zu dem Ausschnitt aus Salman Rushdies Roman „Die Mitternachtskinder“, der in vielen internationalen Kanonsammlungen als wichtiges Werk der Welt­ literatur angeführt wird. ― Überprüfen Sie, inwiefern das Handeln der Figuren im Textausschnitt kulturell geprägt ist. Ausgewählte Teilkompetenzen , die Sie für die Lösung der Aufgabe benötigen: Sie können … ― einer Definition wichtige Kriterien für den Begriff „Weltliteratur“ entnehmen und reflektieren ― einen erzählenden Text untersuchen und verstehen ― anhand eines ausgewählten Textausschnitts die Kulturgeprägtheit, Historizität, nationale und inter­ nationale Relevanz eines Werkes verstehen und darlegen Aufgabe Text 1: Goethes Vorstellung von Weltliteratur (1827–1832) (Texte in alter Rechtschreibung) 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Anmerkung: Goethe beschäftigte sich über Jahre hinweg mit dem Thema Weltliteratur. Am 31. 1. 1827 berichtet Goethe seinem Assistenten Eckermann von der Lektüre eines chinesischen Romans. „Der muss wohl sehr fremdartig aussehen“, will Ecker- mann bemerkt und Goethe soll darauf geantwortet ha- ben: „Nicht so sehr, als man glauben sollte“, sagte Goethe. „Die Menschen denken, handeln und empfinden fast ebenso wie wir, und man fühlt sich bald als ihresglei- chen, nur daß ihnen alles klarer, reinlicher und sittli- cher zugeht. […]“ „Ich sehe immer mehr“, fuhr Goethe fort, „daß die Poe- sie ein Gemeingut der Menschheit ist und daß sie über- all und zu allen Zeiten in Hunderten und aber Hunder- ten von Menschen hervortritt. […] Aber freilich, wenn wir Deutschen nicht aus dem engen Kreise unserer eigenen Umgebung hinausblicken, so kommen wir gar zu leicht in diesen pedantischen Dünkel. Ich sehe mich daher gerne bei fremden Nationen um und rate jedem, es auch seinerseits zu tun. Nationalliteratur will jetzt nicht viel sagen, die Epoche der Weltliteratur ist an der Zeit, und jeder muss jetzt dazu wirken, diese Epoche zu beschleunigen.“ Am 5. 4. 1830 notierte Goethe: Denn daraus nur kann endlich die allgemeine Weltli- teratur entspringen, daß die Nationen die Verhältnisse aller gegen alle kennen lernen, und so wird es nicht feh- len, dass jede in der andern etwas Annehmliches und etwas Widerwärtiges, etwas Nachahmenswertes und etwas zu Meidendes antreffen wird. Auch dieses wird zu der immer mehr umgreifenden Gewerks- und Handelstätigkeit auf das Wirksamste beitragen; denn aus uns bekannten übereinstimmen- den Gesinnungen entsteht ein schnelleres, entschie- denes Zutrauen. Dagegen wenn wir mit entschieden anders denkenden Personen im gemeinen Leben zu verkehren haben, werden wir einerseits vorsichtiger, anderseits aber duldender und nachsichtiger zu sein uns veranlaßt finden. Für Ende März 1832 notierte sich Eckermann folgende Aussage Goethes: „Der Dichter wird als Mensch und Bürger sein Vater- land lieben, aber das Vaterland seiner poetischen Kräfte und seines poetischen Wirkens ist das Gute, Edle und Schöne, das an keine besondere Provinz und an kein besonderes Land gebunden ist und das er ergreift und bildet, wo er es findet.“ quellen : Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Hg. v. Ernst Beutler. München: dtv 1976, S. 227–229. Goethes sämtliche Werke, Band 43. Hg. v. Curt Noch. Berlin: Propyläen o. J., S. 27. Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Hg. v. Ernst Beutler. München: dtv 1976, S. 509. 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 36 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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