Wirtschaft gestalten HLW V, Arbeitsbuch BW

18 Kennzahlenanalyse Einstiegsfrage: Eine Freundin fragt Sie, ob sie mit 10.000,00 EUR Eigenkapital bei ihrer Unternehmensgründung „durchkommen“ wird. Wie schätzen Sie dies ein? Richtig, eine seriöse Einschätzung ist nicht möglich. Es kommt etwa auf die Branche an, in der sie tätig ist sowie auf die Höhe des gesamten Kapitals, das sie benötigt. Wie hoch ist daher der Anteil des Ei- genkapitals am Gesamtkapital (Eigenkapitalquote)? Während 10% Eigenkapitalquote im Einzelhandel einen guten Durchschnittswert bedeutet, ist dieser Prozentsatz im Gewerbe-/Handwerksbereich weit unterdurchschnittlich. Da absolute Zahlen meist eine geringe Aussagekraft besitzen, werden Kennzahlen berechnet sowie Zusammenhänge und Vergleiche hergestellt. Danach beginnt erst die eigentliche Analyse: Haben wir unser Ziel erreicht? Weshalb ist der Wert so gering? Wie können wir diese Zahlen verbessern? Mit Kennzahlen können komplexe Zusammenhänge (z. B. finanzielle Situation des Unternehmens, Veränderungen im Zeitverlauf, Vergleich des Unternehmens mit dem Bran- chendurchschnitt) anschaulich dargestellt werden. Kenn- zahlen dienen daher der • Planung (Zielvorgaben, Aufzeigen von Verbesserungs­ potentialen), • Analyse (z.B. durch Branchenvergleich), • Steuerung (bei Zielabweichung), • Entscheidung (Maßnahmen zur Verbesserung von Kenn- zahlen), • Information (z. B. über die finanzielle Situation; Banken bei der Kreditvergabe). Kritische Anmerkungen zum Umgang mit Kennzahlen: ÚÚ Richtlinien für optimale Kennzahlergebnisse gibt es nicht. In der Praxis zählen oft die Interessen des Umfeldes, z.B. Vorgaben der Eigentümer, Erwartungen des Finanzmarktes etc. Für viele Unter- nehmen stehen auch andere Ziele als etwa Rentabilitätsüberlegungen im Vordergrund, z.B. Bewah- rung ihrer Unabhängigkeit, Sicherung von Arbeitsplätzen, Halten einer Marktposition. ÚÚ Kennzahlen werden meist erst im Zeit- und im Mitbewerbervergleich (z.B. im Rahmen des Bench- markings) interpretationsfähig. Eine Eigenkapitalquote von 15% kann daher in Abhängigkeit von der Branche und zeitlichen Entwicklung sehr positiv oder beunruhigend sein. ÚÚ Jede Kennzahl beleuchtet nur einen Teilaspekt des Unternehmens und daher ist die Auswahl der zu beobachtenden Kennzahl, um eine optimale Steuerung des Unternehmens durchführen zu können, stark interessensabhängig. Auch wenn Kennzahlen wie z.B. Liquidität, Eigenkapitalquote und –ren- tabilität für jedes Unternehmen relevant sind, lässt sich keine Auswahl „der wichtigsten Kennzahlen“ treffen. ÚÚ Viele für die Unternehmenssteuerung relevanten Informationen werden durch klassische Kennzah- len nicht oder nicht ausreichend beantwortet, wie beispielsweise • Ruf/Image des Unternehmens, Nachhaltigkeit der Unternehmensführung • Wert des Kundenstammes, der Marke, … • Qualität der Produkte, der Mitarbeiter/innen, … ÚÚ Einfache Aussagen sind oft nicht möglich: Steigende Vorräte und Forderungen können sowohl ein Zeichen für steigende bzw. sinkende Absätze sein, als auch auf eine abnehmende Zahlungsmoral der Kunden hindeuten. Hierzu sind weitere Analysen erforderlich (z. B. Vergleich der Umsatzentwick- lung, Analyse des Mahnwesens). Controlling operativ strategisch Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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