Wirtschaft gestalten HLW III, Arbeitsbuch BW

152 Fraktale Unternehmen Anfang der 1990er-Jahre passten einige Un- ternehmen ihre bislang starren Organisati- onsstrukturen an die dynamischen Verände- rungen des Marktes an. Dabei entstanden neue Organisationsformen, die mit Begrif- fen wie „atmendes Unternehmen“, „selbst- lernendes Unternehmen“, „flexible Ferti- gung“, „modulare Fabrik“, „Fabrik in der Fabrik“ oder „fraktale Fabrik“ beschrieben wurden. Von all diesen neuen Begriffen beschreibt der letztgenannte am besten, wie Unternehmen (insbesondere Produktionsbetriebe) ihre Wandlungs- fähigkeit in den sich schnell ändernden Gegebenheiten am Markt unter Beweis stellen können. Die Umsetzung des fraktalen Unternehmens ist mit Elementen des Lean-Management-Ansatzes ver- bunden: Just-in-time-Produktion und -beschaffung, Arbeiten in autonomen Arbeitsgruppen, flache Hierarchien und Zerlegbarkeit des gesamten Produktionsprozesses in Arbeitsschritte. Vorteile des fraktalen Unternehmens ÚÚ Durch die Stärkung der Verantwortung der Mitarbeiter/innen in Richtung Mitunternehmer/innen wird der Unternehmergeist gesteigert. ÚÚ Einzelne Fraktale können hinzugefügt (Insourcing) oder ausgelagert (Outsourcing) werden. So wer- den Dienstleistungen von externen Anbietern eingekauft, um so deren Know-how nutzen zu können (z. B. Buchhaltung wird vom Steuerberater übernommen). Die Entscheidung, ob es günstiger ist, selbst zu produzieren oder zuzukaufen (Make-or-buy-Entscheidung), setzt eine genaue Kenntnis des Marktes voraus (Wer bietet das verlangte Produkt in der gewünschten Qualität zu den besten Kon- ditionen an?). ÚÚ Die auszulagernden Fraktale können dank moderner Informationstechnologie gut vernetzt über den ganzen Erdball Beschaffungsmaßnahmen durchführen (= Global Sourcing). Produziert wird, wo die geringsten Kosten (z.B. niedrigste Arbeits-, Steuer-, Umweltschutzkosten) anfallen. ÚÚ Häufig wird erst dann produziert, wenn das Produkt vom Vertrieb bereits verkauft wurde. Auf Zwi- schen- und Teillager wird oft verzichtet. Digitalisierte Produktion individualisiert Seit Beginn des 21. Jahrhundert wird die Produktion von der Digitalisierung erfasst. Beim Ansatz „In- dustrie 4.0“ werden die produktionsrelevanten Faktoren (Mitarbeiter/innen, Maschinen, Werkstücke, Anlagen, Lieferanten und Kunden, Produkte und Logistik) aktiv in den Produktionsprozess einbezogen und können über intelligente Netze miteinander kommunizieren. Durch die digitalisierten Produktions- prozesse können individuelle Kundenwünsche, in einer Massenproduktion erfüllt werden. Dadurch entstehen neue webbasierte Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Das fraktale Unternehmen ist in einzelne Entschei- dungseinheiten (= Fraktale bzw. auch Module) unter- teilt, die selbstständig und eigenverantwortlich arbei- ten und eine eigene Kernkompetenz aufweisen (sozusagen wie Unternehmen im Unternehmen), aber in ihrer Gesamtheit ein System bilden. Nach diesem Or- ganisationsmodell werden in Fertigungsbetrieben mög- lichst eigenständige Organisationsteile eingerichtet, die sich sowohl intern als auch extern beliebig vernetzen und wieder verändern lassen. Video 973t4a Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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