Stoffe, Schulbuch

85 Kunststoffe – die Werkstoffe von heute 7.1 Kunststoffe – Werkstoffe von heute Abb. 85.2: Molekularer Aufbau von Plastome- ren (oben) und Duromeren (unten). Plastomere können durch Vernetzung in Duromere überführt werden. Abb. 85.3: Strukturänderung eines Elastomeren bei Belastung Täglich begegnen wir Kunststoffen. Verpackungsmaterial, Folien, Möbel- oberflächen, Bekleidung, Sportgeräte, Elektroinstallationsmaterial und medizinische Geräte sind nur einige Beispiele. Obwohl sie heute kaum mehr wegzudenken sind, kennt man diese Gruppe von Werkstoffen erst seit etwa 100 Jahren. 1869 wurden erstmals Umwandlungsprodukte der Cellulose als Werkstoffe produziert, der erste vollsynthetische Kunststoff wurde 1907 vom belgischen Chemiker Baekeland erzeugt und nach ihm Bakelit genannt. Eine Reihe von wichtigen Eigenschaften erklären den Siegeszug der Kunst- stoffe in nicht einmal 100 Jahren. Kunststoffe sind relativ leicht und billig aus Erdöl herzustellen. Sie sind auch leicht zu verarbeiten. Die Verformung der schmelzbaren Kunststoffe erfolgt bei wenigen Hundert Grad, Eisen dagegen wird bei 1000 °C verformt. Sehr leicht lassen sich auch gefärbte Kunststoffe herstellen. Kunststoffe sind unempfindlich gegen Umwelteinflüsse und die meisten Chemikalien. Aufwändige Korrosionsschutzmaßnahmen wie bei den Metallen entfallen daher. Ihre Oberfläche ist glatt und leicht zu reinigen. Sie sind gute elektrische Isolatoren. Kunststoffe sind nicht spröde wie Glas, son- dern meist schlagzäh, dh. unempfindlich gegen starke Erschütterungen. Sie lassen sich zu Schäumen verarbeiten, die äußerst schlechte Wärmeleiter sind und als Wärmedämmmaterial dienen. Manche Kunststoffe sind elastisch wie Gummi, andere wieder fast so hart wie Metalle. Man nennt Kunststoffe daher auch „ Werkstoffe nach Maß “, da es für fast jeden Verwendungszweck einen passenden Kunststoff gibt. Der deutsche Chemiker Hermann Staudinger erforschte 1935 die Struktur dieser Stoffe und schuf den Begriff Makromoleküle . Für seine Forschungen wurde er 1953 mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt. Heute weiß man, dass alle Kunststoffe aus Makromolekülen bestehen. Das griechische Wort „Makros" bedeutet groß oder lang. So bestehen Makromoleküle oft aus vielen Tausend Atomen. Nach den Eigenschaften unterscheidet man drei Kunststofftypen: Plastomere , Elastomere und Duromere . Plastomere bestehen aus langen Kohlenwasserstoffketten. Plastomere sind bei Zimmertemperatur schlagzäh. Beim Erhitzen auf die Erweichungstempe- ratur beginnen sie, weich zu werden und schließlich zu schmelzen. Über der Erweichungstemperatur können sie also gut verformt werden. Bei zu starkem Erhitzen (über 400 °C) zersetzen sie sich. Kühlt man Plastomere unter eine bestimmte Temperatur, die Glastemperatur , so werden sie hart und spröde. Manchmal werden sie noch mit Weichmachern versetzt. Dies sind kleinere Moleküle, die für Distanz zwischen den Kohlenwasserstoffketten sorgen. Dadurch werden zu harte Plastomere weicher und zäher. Elastomere bestehen aus Molekülketten, die schwach miteinander vernetzt sind. Dadurch entstehen gummiähnliche Eigenschaften. Die Ketten gleiten so lange aneinander vorbei, bis die Vernetzung das verhindert. Beim Loslassen kehrt der gespannte Zustand wieder in die Ausgangslage zurück. (Abb. 85.3) Duromere sind stark vernetzte Makromoleküle. Sie lassen sich nicht verfor- men, haben also keine Erweichungstemperatur. Dadurch sind sie auch für den Einsatz bei höheren Temperaturen geeignet (bis ca. 300 °C). Bei starkem Erhit- zen zersetzen sie sich natürlich. Abb. 85.1: Alltagsprodukte aus Kunststoff Makromoleküle Vernetzungen Plastomer Duromer Vernetzung Vor der Belastung Bei Belastung Nach der Belastung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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