Vielfach Deutsch 4, Leseheft
30 Parodistische Texte kennen lernen und verstehen 3 Jede Parodie braucht ein ernst gemeintes Original, auf das sie sich bezieht. Erst wenn wir die Unterschiede, die übertreibende Nachahmung erkennen, bringt uns die Parodie zum Lachen. Ein Märchen im Original Durch die Brüder Grimm wurden vor rund 200 Jahren bis dahin nur mündlich überlieferte Volksmärchen gesammelt und aufgeschrieben. Inzwischen hat sich sowohl die deutsche Sprache als auch unsere Sicht auf die Welt stark verändert. Gelesen und verfilmt werden diese alten Texte aber immer noch. a) Lies die gekürzte Originalfassung des Märchens vom Aschenputtel. Bereite dich auf das Vorlesen vor. Achte auf die Betonung einzelner Wörter und Textstellen. Markiere sie während der Vorbereitung. b) Eine Schülerin oder ein Schüler liest den Text vor. Ein reicher Mann heiratete nach dem Tod seiner Frau ein zweites Mal. Diese Frau hatte zwei Töchter. Da begann eine schlimme Zeit für das erste Kind des Mannes. „Soll die dumme Gans bei uns in der Stube sitzen?“, sprachen die Schwestern. „Wer Brot essen will, muss es verdienen – hinaus mit der Küchenmagd.“ Sie lachten und schütteten ihm Erbsen und Linsen in die Asche, sodass es sitzen und sie wieder einsammeln musste. Weil das Kind schmutzig aussah, nannten sie es Aschenputtel. Als der Vater von einer Reise heimkam, brachte er jedem Mädchen das mit, worum es ihn gebeten hatte: den Schwestern prächtige Kleider und dem Aschenputtel einen Zweig vom Haselbusch. Doch dieser wuchs und ward ein schöner Baum, auf welchem ein Vogel saß, der stets alles herabwarf, was sich das Mädchen wünschte. Es begab sich, dass der Prinz ein Fest feierte, um sich eine Braut auszusuchen. Die beiden Stiefschwestern waren guter Dinge, riefen Aschenputtel und sprachen: „Kämm uns die Haare, bürste uns die Schuhe und mache uns die Schnallen fest, wir gehen zum Ball auf des Königs Schloss.“ Aschenputtel gehorchte, weinte aber, weil es auch gern zum Tanz mitgegangen wäre, und bat die Stiefmutter, sie möchte es ihm erlauben. „Ich habe dir eine Schüssel Linsen in die Asche geschüttet, wenn du die Linsen in zwei Stunden wieder herausgesucht hast, so sollst du mitgehen.“ Da kamen alle Vögel und erledigten diese Aufgabe: „Die guten ins Töpf- chen, die schlechten ins Kröpfchen.“ Das Mädchen trug die Schüssel zur Stiefmutter, freute sich und glaubte, nun düre es mitgehen. Aber diese sprach: „Es hil dir alles nichts: Du kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen; wir müssten uns deiner schämen.“ Darauf eilte sie mit ihren zwei stolzen Töchtern fort. 1 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 m Nur zu Prüfzwecken – Eigentum s m m des Verlags öbv
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