Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

349 Neue Musik in Österreich Die Neue Musik in Österreich nach 1945 war geprägt von nachromantischen und neoklas- sizistischen Tendenzen. Weder wurden die großen Neuerungen der Zweiten Wiener Schule begeistert wieder aufgegriffen noch erfuhren die zurückgekehrten jüdischen Exilkompo- nisten besonderen Jubel seitens des Publikums. Zeitgenössische Musik hatte es schwer, im Kulturbetrieb nachhaltig Fuß zu fassen. Friedrich Cerha (*1926) und Kurt Schwertsik (*1935) gründeten 1958 das Ensemble „die reihe“, das auf die Aufführung Neuer Musik spezialisiert ist und bis heute existiert. Auch György Ligeti (1923 – 2006) und Roman Haubenstock-Ramati (1919 – 1994) gingen je- weils eigenständige Wege, ohne sich einem der neuen Stile unterzuordnen. Die seit 1946 abgehaltenen Darmstädter Ferienkurse waren für sie ebenso wichtig wie für Otto M. Zykan (1935 – 2006), einem vielseitigen Performance-Künstler, der 1977 mit „Staatsoperette“ einen politischen Skandal provozierte. Auch Friedrich Gulda (1930 – 2000) verstörte das Publikum mit unkonventionellen Auftritten bereits ab den späten 1960er-Jahren und mischte Klassi- sches mit Jazz oder Neuer Musik. Nach der Einrichtung des Faches „Elektronische Musik“ an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien konnten z. B. Anestis Logothetis (1921- 1994) und Dieter Kaufmann (*1941) eine neue Generation von Komponistinnen und Kompo- nisten heranbilden. Stellvertretend für viele junge Kreative konnten mit Andrea Sodomka (*1961), Mia Zabelka (*1963), Katharina Klement (*1963) und Olga Neuwirth (*1968) einige Frauen in der Männerdomäne „Komposition“ Aufmerksamkeit erringen, z. B. Olga Neuwirth mit mehreren Musiktheaterproduktionen, zu denen Elfriede Jelinek die Texte schuf. Während im standardisierten, auf das Massenpublikum ausgerichteten Kulturbetrieb Auf- tragswerke an junge Komponistinnen und Komponisten die Ausnahme bilden, sind die ös- terreichischen Festivals für Neue Musik (siehe Festivals auf S. 344 f.) Motor und Förderer neuer Klangwelten. Alternative Zugänge und eine Verschmelzung vielfältiger medialer und technischer Möglichkeiten zeichnen die aktuelle Musikproduktion aus (z. B. Olga Neuwirth: Kloing! für computergesteuertes Klavier, Live-Pianist und Live-Video, 2012). Neue Musik: Kommunikationsplattformen 1918 Verein für musikalische Privataufführungen Wien (Auflösung 1921 wegen Inflation) Gründer: Arnold Schönberg Idee: „Künstlern und Kunstfreunden eine wirkliche und genaue Kenntnis moderner Musik zu verschaffen.“ (Alban Berg) Erste Programme u.a. Gustav Mahler, Richard Strauss, Béla Bartók, Alban Berg, Franz Schreker, Alexander Skrjabin, Anton Webern 1921 Donaueschinger Musiktage für zeitgenössische Tonkunst Gründer: Heinrich Burkard (zusammen mit Joseph Haas, Eduard Erdmann, Paul Hindemith) Idee: „Um über neue Musik zu diskutieren, müsse man jungen Komponisten die Möglichkeit verschaffen, ihre Werke an die Öffentlichkeit zu bringen.“ (H. Burkard) 1934–1945 Umgestaltung in NS-Musikfest, 1950 Anknüpfen an die Ideen vor der Einflussnahme der Nationalsozialisten, seitdem mit SWR als Veranstalter. Namen: Alois Habá, Ernst Krenek, Paul Hindemith, Udo Zimmermann, Roman Haubenstock-Ramati, Pierre Schaeffer, Krzysztof Penderecki u.v.a.m. 1922 Internationale Gesellschaft für Neue Musik (IGNM) in Salzburg Gründer: Béla Bartók, Paul Hindemith, Arthur Honegger, Zoltán Kodály, Darius Milhaud, Anton Webern, Egon Wellesz Idee: „Das Leben unserer Kunst organisiert sich über Grenzen hinweg.“ (Ernest Ansermet) Förderung der Neuen Musik, Überwindung nationaler Grenzen 1933 Verbot durch die Nazis, Neugründung in Deutschland 1948 als Gesell- schaft für Neue Musik Namen: Leoš Janáček, Ferruccio Busoni, Igor Strawinsky, Arnold Schönberg, Béla Bartók, Karol Szymanowski, Sergej Prokofjew, Darius Milhaud, Arthur Honegger u.a. 1923 Gründung des bis heute aktiven Dachverbandes „International Society for Contemporary Music“ in London 1934 Wittener Tage für Neue Kammermusik Gründer: Robert Ruthenfranz, weitergeführt durch Wilfried Brennecke Idee: „Offenheit gegenüber Strömungen, die sich in musikalische Grenzbereiche vorwagen“ (D. Gojowy) Namen: John Cage, Morton Feldmann u.a. sowie zwischen 1960 und 1990 Komponisten von jenseits des Eisernen Vorhangs, u.a. György Kurtág, Witold Lutosławski, Krzysztof Penderecki, Henrik Mikolaj Górecki 1946 Internationale Ferienkurse für Neue Musik in Darmstadt Gründer: Wolfgang Steinecke Idee: Komponisten als Lehrer und Besucher über alle Grenzen hinweg Namen: Anton Webern, Olivier Messiaen, Edgar Varèse, Pierre Boulez, Karl- heinz Stockhausen, Luciano Berio, Hans Werner Henze, Mauricio Kagel, Iannis Xenakis, György Ligeti, Isang Yun, Bruno Maderna, Luigi Nono u.v.a.m. jy49e6 Ensemble „die reihe“ 09 basis entwicklungen – spektren – tendenzen: neue musik Kurt Schwertsik f75kw6 Friedrich Cerha Friedrich Cerha bk82ky Mia Zabelka Katharina Klement Olga Neuwirth Olga Neuwirth Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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