Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

339 Musik als interkultureller Austausch Auf der ganzen Welt gibt es eigenständige Musikkulturen mit langer Tradition. Im interkul- turellen Vergleich lassen sich signifikante Merkmale unterscheiden: › Stimmgebung (wie Bruststimme, Nasalstimme, Obertöne, › Instrumentalspiel (spezielle Instrumente, Spieltechniken), › Ausmaß und Art des Zusammenwirkens (Solospiel, Ensemblespiel, gleichberechtigte Mitglieder bzw. Leiter), › Realisierung (improvisiert, komponiert, einstudiert), › Gebrauch von Tönen (Tonsystem, Tonalität, Skalen, Intonation, Melodiegestaltung), › Zeitkonzept (freier Rhythmus, Akzentstufentakt, Timeline), › Verhältnis der Stimmen (Homophonie, Polyphonie, Heterophonie, übereinander geschichtete jeweils eigenständige Ebenen), › Gebrauch der Musik in besonderen Funktionen und Kontexten (Arbeit, Tageskreis, Lebens- kreis, religiöse Gebräuche, Nationalität, Regionalität, Subkultur, Familie), › Beziehung der Musik zu anderen Künsten (Sprache, Tanz, Multimedia), › Art der Tradierung (mündlich, spezielle Schrift, pädagogisch, medial). Die Geschichte der europäischen Musik schließt seit dem 19. Jahrhun- dert den bewussten kulturellen Austausch ein. Er erfolgte zunächst schwerpunktmäßig zwischen verschiedenen Ländern Europas und wur- de dann zunehmend um Kulturen aus der ganzen Welt erweitert. Auf der Weltausstellung 1889 in Paris musizierten Gamelan-Spieler aus Java – von ihrer Musik ließ sich Claude Debussy stark beeinflussen. Andere Musiker folgten seinem Interesse, so Olivier Messiaen. Auch Nord- und Südamerika wurden musikalisch zu „Schmelztiegeln“. In Jazz, Rock, Pop und auch Neuer Musik wurden Feelings und Gestaltungen ausgebildet, die Eigenarten der Musik Afrikas oder auch Vorderasiens mit europäi- schen Elementen verbinden. Die Begegnung mit und zwischen Kulturen beschleunigte sich im 20. Jahrhundert rasant und ging in das Phänomen der musikalischen Globalisierung über: die weltweite Vermischung und auch Angleichung nationaler und regionaler Musikstile. Sie wird durch Medien, interna- tionale Musikkonzerne, aber auch die Mobilität vieler Musiker vorangetrieben, deren Ziel die stilübergreifende Begegnung ist: z. B. in Produktionsstudios, die international vermarktbare Sounds kreieren, in multikulturellen Projekten, die Unterschiede kennzeichnen und Brücken bauen, in Jazzkellern, wenn sich Musiker mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund zu einer Session treffen, oder bei Produktionen, in denen sich gezielt Musiker verschiedener Länder oder Kontinente verbinden (s. S. 373 f., 391 ff.). : Reflexion und Diskussion: In welcher Weise spielt für Sie selbst die interkulturelle Entwicklung der Musikkultur eine Rolle? Timeline Eine ständig wiederholte rhyth- mische Formel, die die Grundlage verschiedener sich überlagernder Rhythmen bildet. Ausgehend von der Timeline-Praxis afrikanischer Musiker bildeten sich auch in an- deren Musikbereichen standardi- sierte Rhythmusformeln heraus, z.B. der Clave-Rhythmus (s. S. 39). Auch das gleichförmig wiederhol- te Pattern in „Clapping Music“ von Steve Reich (s. S. 41) kann als eine Timeline interpretiert werden, zumal Reich intensiv afrikanische Musik, die eine rhythmisch sehr ähnliche Timeline kennt, studiert hat. (Auch in Afrika wird die Time- line oft geklatscht.) Gamelan-Musik auf der Pariser Weltausstellung 1889, Zeichnung von R. Lacker 09 entwicklungen – spektren – tendenzen basis Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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