Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

324 Hector Berlioz (1803–1869) Erst nach einem begonnenen Medizin- und Jurastudium beschloss Hector Berlioz, Komponist zu werden. Zwar kam er schon in seiner Kindheit und Jugend, die er in einer Kleinstadt in der französischen Provinz verbrachte, mit Musik in Berührung, lernte aber nicht Klavier (wie nahezu alle Komponisten der Zeit), sondern Gesang, Gitarre und Querflöte und las Bücher über Harmonik aus der Sammlung seines hoch gebildeten Vaters, eines Arztes. Das alles verhinderte, dass er sich an traditionellen Vorstellungen darüber, wie Musik zu sein hat, orientierte und beförderte seine außerge- wöhnliche Fähigkeit, neuartige Klangkombinationen zu erfinden und die Entwicklung des modernen Orchesters weit voranzutreiben. Berlioz dirigierte seine Musik selbst und ließ viele seiner Partituren nicht drucken, um Aufführungen durch andere Dirigenten zu verhindern. In seiner 1844 erschienenen Instru- mentationslehre, die noch heute ein Standardwerk für angehende Kom- ponisten ist, legte er jedoch seine Instrumentationstechnik offen. Berlioz als Dirigent seiner Werke – Karikatur, 1846 Vom Thema zur Idée fixe: Programmatische Musik Mit seiner „Symphonie fantastique“ schuf der französische Komponist Hector Berlioz eine neue Art von Programmmusik. Auf der Basis seiner Instrumentationskunst formte er gleich- sam ein rein instrumentales Musiktheater monumentalen Ausmaßes. Das Werk beeinflusste die musikalische Entwicklung im 19. Jahrhundert stark, löste jedoch auch kontroverse musik- ästhetische Diskussionen aus. Berlioz’ Werke erreichen eine abendfüllende Länge und erfordern teilweise vier Orchester und monumentale Chöre. Mitunter werden Instrumente auch außerhalb des Orchestergra- bens postiert, womit Berlioz eine in der Oper gängige Praxis in die Konzertmusik einführte. Seine Stücke enthalten ein außermusikalisches Programm, das ihren Verlauf bestimmt – auch die „Symphonie fantastique“, die in ihrem Programm autobiografische Züge trägt und zugleich Realität und Traum vermischt. Hector Berlioz: „Symphonie fantastique“ (1830) z zugang zur musikpraxis Die Besetzung (s. S. 325) erfordert ein un- gewöhnlich großes Orchester. Nennen Sie Besonderheiten gegenüber einer Orchester- besetzung der Klassik (s. S. 268, 293). Ziehen Sie auch die Aussagen aus Felix Mendelssohn Bartholdys Brief heran. Beschreiben Sie die Karikatur und wie Berlioz’ Zeitgenossen seine Werke und deren Orches- terbesetzung wahrgenommen haben. Sinfonische Dichtung (s. S. 316): Eine Sinfonie mit einem außermusikalischen Programm zu verbinden, war in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts noch eine ungewöhnli- che Vorgehensweise, wie man bei Felix Mendelssohn Bartholdy nachlesen kann. Vergegenwärtigen Sie sich den von Mendelssohn beschriebenen Inhalt von Berlioz’ „Sym- phonie“. Stellen Sie kurz dar, welche Haltung Mendelssohn zum Programm einnimmt. […] Er hat eine Sinfonie gemacht, die Episode de la vie d’un artiste [Episode aus dem Leben eines Künstlers] heißt. Als sie gegeben wurde, ließ er eine Erklärung von 2000 Exemplaren drucken. Die besagte dann, daß sich der Komponist im ersten Stück unter seinem Thema eine liebenswürdige junge Dame gedacht hat […] und daß seine Wut, Eifersucht, Zärtlichkeit und Tränen darin vorkommen. Das zweite Stück ist ein Ball, wo ihm alles leer erscheint, weil sie fehlt. Das dritte heißt Scène aux champs; die Hirten spielen einen ranz de vaches [d. h. Kuhreigen], die Instrumente ahmen das Säuseln der Blätter nach [alles das steht im Programm] […] Zwischen dem dritten und vierten Stück [fährt das Programm fort] vergiftet sich der Künstler mit Opium, versieht sich aber in der Dosierung und, statt zu sterben, hat er nun fürchterliche Visionen. Das vierte Stück ist eine solche Vision, wo er bei seiner eigenen Hinrichtung zugegen ist […], das fünfte heißt songe d’une nuit, wo er die Hexen auf dem Blocksberg tanzen sieht, seine Geliebte darunter. Zugleich hört er das dies irae mit sei- nem cantus firmus [= idee fixe] aber parodiert […]. Wie unbeschreiblich eklig mir dies ist, brauche ich nicht zu sagen […] Die Ausführung ist noch viel elender: vier Pauken, zwei Klaviere, welche Glocken nachahmen sollen, zwei Harfen, vier große Trommeln, acht verschiedene Geigen, zwei verschiedene Kontrabässe, die Solopassagen machen […]. Felix Mendelssohn Bartholdy: Brief aus Rom an seine Mutter am 15. März 1831 V, 9–15 08 analyse epochen der musikgeschichte: im 19 . jahrhundert Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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