Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

322 Das Vorspiel geht nahtlos in die erste Szene über, in der die Rheintöchter auf dem Grund des Rheins spielen, während sie das Rheingold bewachen. Dieser Schatz birgt ein verhängnisvol- les Geheimnis: Unbegrenzte Macht erringt, wer es vermag, das Rheingold zu stehlen und aus ihm einen Ring zu schmieden. Dazu ist jedoch nur eine Person fähig, die bereit ist, auf Liebe zu verzichten. Alberich, Herrscher des Zwergenvolkes der Nibelungen, begehrt die Rheintöchter, wird aber nacheinander von ihnen abgewiesen und verhöhnt. So verwandelt sich seine Liebe in Hass. Listig gelingt es ihm, den Rheintöchtern das Geheimnis des Schatzes zu entlocken. Nachdem Alberich die Liebe verflucht hat, entreißt er ihnen das Rheingold und schmiedet daraus den Ring. Mit der Macht, die er damit nun zugleich erlangt hat, herrscht er über sein Volk im Bergwerk Nibelheim. Dritte Szene Richard Wagner (1813−1883) Zentral im Werk des in Leip- zig geborenen Komponisten, Dirigenten, Musikschriftstellers und Regisseurs stehen große Musikdramen, deren Handlung Wagner überwiegend aus Motiven mittelalterlicher Sagen (z.B. „Nibe- lungenlied“, „Parzival“) entwickelte und als Gesamtkunstwerk (s. S. 317) zu realisieren trachtete. Auch die Libretti schrieb er selbst und entwickelte dafür eine eigene Textsprache, u.a. durch Verwendung des altgermanischen Stabreims („Woge, du Welle, walle zur Wiege“ s. S. 96). Mit durchkom- ponierter Form, Leitmotiven und einer weitgespannten „Unend- lichen Melodie“ löst Wagner die herkömmliche Operndramaturgie mit ihren getrennten Rezitativen und Arien ab. Ein von Finanznöten geprägtes und auch politisch bewegtes Leben führte Wagner u.a. nach Zürich, wo er sich vor einer Verfol- gung wegen seiner Teilnahme an einem Aufstand in Dresden 1849 schützen konnte. Ab 1859 fand Wagner im bayerischen König Ludwig II. einen großzügigen Förderer. Dieser ließ auch das Festspielhaus in Bayreuth bauen, das der Aufführung von Wagners Werken gewidmet wurde. Zu Wagners politischen Auffassun- gen gehört auch eine antisemiti- sche und nationalverherrlichende Haltung, die ihm Kritik einbrachte, ohne das andauernde Interesse an seinem musikalischen Werk wesentlich zu beeinträchtigen. Alberich Hehe! Hehe! Hieher! Hieher! Tückischer Zwerg! Tapfer gezwickt sollst du mir sein, schaffst du nicht fertig, wie ich’s bestellt, zur Stund’ das feine Geschmeid’! Mime (heulend) Ohe! Ohe! Au! Au! Lass mich nur los! Fertig ist‘s, wie du befahlst, mit Fleiß und Schweiß ist es gefügt: nimm nur (grell) die Nägel vom Ohr! Alberich (loslassend) Was zögerst du dann und zeigst es nicht? Mime Ich Armer zagte, dass noch was fehle. Alberich Was wär‘ noch nicht fertig? Mime (verlegen) Hier – und da – Alberich Was hier und da? Her das Geschmeid’! (Er will ihm wieder an das Ohr fahren; vor Schreck lässt Mime ein metallenes Gewirke, das er krampfhaft in den Händen hielt, entfallen. Alberich hebt es hastig auf und prüft es genau.) Schau, du Schelm! Alles geschmiedet und fertig gefügt, wie ich‘s befahl! So wollte der Tropf schlau mich betrügen? Für sich behalten das hehre Geschmeid’, das meine List ihn zu schmieden gelehrt? Kenn‘ ich dich dummen Dieb? (Er setzt das Gewirk als „Tarnhelm“ auf den Kopf) Dem Haupt fügt sich der Helm: ob sich der Zauber auch zeigt? (sehr leise) „Nacht und Nebel – niemand gleich!“ (seine Gestalt verschwindet; statt ihrer gewahrt man eine Nebelsäule) Siehst du mich, Bruder? Mime (blickt sich verwundert um) Wo bist du? Ich sehe dich nicht. Alberich (unsichtbar) So fühle mich doch, du fauler Schuft! Nimm das für dein Diebesgelüst! Mime (schreit und windet sich unter empfan- genen Geißelhieben, deren Fall man vernimmt, ohne die Geißel selbst zu sehen) Ohe, Ohe! Au! Au! Au! Alberich (lachend, unsichtbar) Hahahahahaha! Hab‘ Dank, du Dummer! Dein Werk bewährt sich gut! Hoho! Hoho! Niblungen all‘, neigt euch nun Alberich! Überall weilt er nun, euch zu bewachen; Ruh‘ und Rast ist euch zerronnen; ihm müsst ihr schaffen wo nicht ihr ihn schaut; wo nicht ihr ihn gewahrt, seid seiner gewärtig! Untertan seid ihr ihm immer! (grell) Hoho! Hoho! Hört‘ ihn, er naht: der Niblungen Herr! Die Nebelsäule verschwindet dem Hintergrunde zu: man hört in immer weiterer Ferne Alberichs Toben und Zanken; Geheul und Geschrei ant- wortet ihm, das sich endlich in immer weiterer Ferne unhörbar verliert. Mime ist vor Schmerz zusammengesunken. M.u.T.: Richard Wagner V, 8 08 analyse epochen der musikgeschichte: im 19 . jahrhundert Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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