Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

317 „Radetzky-Marsch“. Er beendet heute, vom Publikum mit Applaus begleitet, das Neujahrskon- zert der Wiener Philharmoniker. Die Musikverleger nutzten die Kompositions-Anlässe wiede- rum als Marketingstrategie und druckten die Notenausgaben mit illustrierten Titelblättern. Analog zum engl. Wort popular song bildete Johann Gottfried Herder 1773 das Wort Volks- lied . Dichter und Liedforscher widmeten sich Volksliedern (Herder: „[…] die bedeutendsten Grundgesänge einer Nation“ ) als Bestandteil einer bedeutenden Kulturüberlieferung und dokumentierten sie. Lieder im Volkston wurden auch neu geschrieben und rasch populär. Arbeiterlieder griffen politische Themen auf. In Städten gab es Bänkelsang. Einflüsse von Volkslied und Volksmusik auf die Kunstmusik: Sagen und Brauchtum finden Ein- gang in Sinfonien (z. B. Bedrˇich Smetana „Mein Vaterland“) und Opern (z. B. Carl Maria von Weber „Der Freischütz“); tanzmusikalische Elemente finden sich z. B. bei Frédéric Chopin (Polo- naisen, Mazurken). Der Bezug auf Elemente der Volksmusik ist wichtigstes Merkmal der Natio- nalen Schulen (s. S. 313). Klavierlied/Kunstlied: Der Charme der Natürlichkeit von Volksliedern führte zu Bearbei- tungen für Chor a cappella (Friedrich Silcher) oder für Singstimme und Klavierbegleitung (Johann Abraham Schulz, Johannes Brahms) oder fand durch Zitate Eingang in Sinfonien. Demgegenüber hat das von Franz Schubert und Robert Schumann weiterentwickelte Kla- vierlied poetische Dichtung als Textgrundlage. Die Vertonung mit neu erfundenen Melodien und ausdrucksvoller Klavierbegleitung bildete eine eigenständige Interpretationsschicht, die eine besonders intensive Sprachausdeutung ermöglichte (s. S. 152 f.) . Das Orchesterlied (Gustav Mahler, Richard Strauss) ist als Weiterentwicklung des Klavierliedes zu verstehen; hier kommen als Begleitung die vielen Klangfarben des romantischen Sinfonieorchesters zur Wirkung. Musikdrama: Der Oper, die zumeist aus einzelnen Musiknummern bestand (Ouvertüre, Rezi- tativ, Arie, Duett, Terzett, Szene mit Chor, Ballettszene, Finale), stellt Richard Wagner den äs- thetischen Entwurf des Musikdramas als Gesamtkunstwerk entgegen (vgl. S. 321 ff.) und folgt damit einer romantischen Vorstellung von der Verbindung der Künste. Wagners Musik steht im Dienste des dramatischen Ausdrucks: Die nicht mehr an Rezitativ und Arie gebundene freie Me- lodik („Unendliche Melodie“) entwickelt und begleitet das dramatische Geschehen; Leitmotive stellen Erinnerungen und zugleich Verknüpfungen im Handlungsverlauf her. Operette (= kleine Oper) ist ein Bühnenstück vorwiegend heiteren Charakters mit gesproche- nem Dialog, Gesang und Tanz. In der musikalischen Abfolge wurden die jeweils aktuellen Tänze der Zeit eingewoben: so etwa bei Jacques Offenbach der Cancan („Orpheus in der Unterwelt“), bei Johann Strauss die Walzer, Polkas und Mazurken, bei Emmerich Kálmán der Czardas, bei Paul Abraham und Ralph Benatzky Foxtrott und Tango. Der große Erfolg von Offenbachs Operetten in Wien brachte Franz von Suppé auf die Idee, die französische Operette für Wien zu adaptieren, indem er die Posse und das Volksstück mit einbezog. Mit seiner ersten „Wiener Operette“ , „Das Pensionat“ (1860), schuf Suppé ein neues Genre. Johann Strauss Sohn machte dann daraus die Walzeroperette. Zwischen 1870 und 1899 komponierte er 16 Bühnenwerke, darunter „Der Zigeunerbaron“ (1885) und die in sechs Wo- chen entstandene „Fledermaus“ (1874) – beide Werke werden heute noch erfolgreich gespielt. Das „goldene Zeitalter“ der Wiener Operette repräsentieren weiters Carl Millöcker („Der Bettel- student“), Carl Zeller („Der Vogelhändler“), Richard Heuberger („Opernball“) und Carl Michael Ziehrer („Die Landstreicher“). In der „silbernen Operettenära“ des 20. Jahrhunderts behält der Walzer seine zentrale Stel- lung, doch schieben sich neben den zentralen Sängerpartien das Buffopaar und die Soub- rette in den Vordergrund, von ihnen wird nun auch ein hohes Maß an tänzerischem Können Die „Sträusse“ – Wiener Musik geht um die Welt Johann Strauss Vater (1804–1849) war neben Joseph Lanner (1801– 1844) der erfolgreichste Tanzmusik- komponist seiner Zeit. Er machte den Walzer und den Ländler mit seinen Reisen über die Grenzen Österreichs (Frankreich, England) bekannt. Seinen „Radetzky- Marsch“ kennt man heute noch weltweit. Johann Strauss Sohn (1825–1899) debütierte 1844 mit seiner eigenen Kapelle, unternahm Konzerttour- neen durch Europa, nach Russland und Amerika und wurde als „Wal- zerkönig“ gefeiert; er schuf über 450 Tanzmusikwerke und ab 1870 16 Operetten. Über seinen jüngeren Bruder Josef sagte er einmal: „Er ist der Begabtere, ich bin der Populä- rere…“ (siehe auch S. 63). Josef Strauss (1827–1870) setzte mit seinen lyrischen Walzern musikalisch Joseph Lanners Ländler fort. Josef wollte eigentlich Ingeni- eur werden, musste aber ebenso wie der jüngste Bruder Eduard (1835-1916) in der „Strauss-Firma“ mitarbeiten, um so die Großfamilie zu erhalten. 08 basis epochen der musikgeschichte: im 19 . jahrhundert Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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