Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

312 Kultur der Epoche „ Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu be- dienen“. (Immanuel Kant 1784) − Kants Philosophie beeinflusste das 19. Jahrhundert: Die all- gemeine Schulpflicht wurde eingeführt, um grundlegende Bildung (Lesen, Schreiben, Rech- nen, Ethik, Religion) zu vermitteln, denn ein Industriestaat hatte ohne gebildete Bevölkerung keine Zukunft. Im Gefolge der zunehmenden Schreib- und Lesefertigkeit der Bevölkerung entwickelten sich das Pressewesen und die Verbreitung von Nachrichten und Literatur. Der Gedanke der Bildung als Entfaltung der natürlichen Bestimmung des Menschen wurde we- sentlich vom Bürgertum getragen, das kaum politischen Einfluss besaß. Umso mehr erhob es die Bildung zu seinem Statussymbol und war auch bereit, sie zu finanzieren. Trotz geringer politischer Rechte war das Bürgertum Träger der wirtschaftlichen und geistigen Entwicklung. Sein technischer Fortschrittsglaube manifestierte sich in einer Architektur, die Fabriken und Telegrafenämtern Fassaden verlieh, die Kathedralen ähnelten. In vielen Familien widmete man sich der Kunst, malte, vertiefte sich in Romane und Lyrik, schrieb lange Briefe und pflegte Hausmusik. Ein Klavier durfte in keinem repräsentativen Wohnzimmer fehlen. Aus den Kolonien kamen exotische Waren, Kunstgegenstände, Schriften und Ensembles fern- östlicher Völker nach Europa. So lernte Claude Debussy auf der Pariser Weltausstellung 1889 ein javanisches Gamelan-Orchester kennen – eine Begegnung, die seine Musik stark beeinflusste und die eurozentristische Musikauffassung für andere Musikkulturen öffnete. Auch in den Orna- menten des Jugendstils am Ende des Jahrhunderts wird der exotische Einfluss sichtbar. Romantik Die stilgeschichtliche Epoche Romantik (von frz. romantique = „roman- haft“) hatte bereits Ende des 18. Jahrhunderts begonnen. Künstler sahen sich in Gegenposition zur Aufklärung und zum zeitgleich auftretenden Klassizismus. Als Gegensatz zur Vernunftorientierung der Zeit machten sie das Gefühlvolle, Fantastische und Märchenhafte, Nacht und Traum, Abgrund und Licht in Kunst, Musik und Literatur zum Thema. Kinder sah man nun als Verkörperung des intuitiv Natürlichen und Reinen an und Künstler wurden als Genies verehrt: als Vermittler einer fantastischen Welt der Kunst, die so ganz anders war als die harte Realität. Die Jean-Jacques Rousseau zugeschriebene Forderung „Zurück zur Natur!“ (1755) bestimmte viele künstlerische Werke. Sie zeigte sich z. B. in der Gar- tenarchitektur, die gegenüber den geometrischen Anlagen der Barockzeit nun eine natürlich erscheinende Landschaft als Idylle schuf. Weitere The- men der Kunst waren Sagen, Märchen, Schauer- und Gespenstergeschich- ten − Themen aus der Zeit des Mittelalters, dessen Bauweisen und Burgen man in der Architektur jetzt nachahmte. Die Sehnsucht und Suche nach dem Ursprünglichen führte auch zur Sammlung und Veröffentlichung von Volksdichtung (bereits bei Johann Gottfried Herder 1773) und Volksliedern, die Komponisten nun in ihren Werken verwendeten. − Gegen Ende des Jahrhunderts bildete sich eine Jugendbewegung , die „aus grauer Städte Mauern“ (Liedzitat) auszog, um sich wandernd mit Volksliedern und Gitar- re dem Naturerlebnis hinzugeben. Achim von Arnim/Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn Deckblatt des zweiten Bandes der ersten Ausgabe von 1808 08 basis epochen der musikgeschichte: im 19 . jahrhundert Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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