Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

297 „Natur und Kunst“ zur Zeit der Klassik Wie im Barock war auch zur Zeit der Klassik die Beziehung von Natur und Kunst Thema künstlerischer Auseinandersetzung. Im Barock idealisierte man die Herrschaft der Kunst über die Natur und stellte den Bereich der Kunst, in dem die menschliche Vernunft regierte, obenan. Der Analyseteil ermöglicht Ihnen zu erkennen, wie Künstler der Klassik das Verhält- nis der beiden Bereiche neu gewichteten. Johann Wolfgang von Goethe: „Natur und Kunst“ (1800) Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen, Und haben sich, eh‘ man es denkt, gefunden; Der Widerwille ist auch mir verschwunden, Und beide scheinen gleich mich anzuziehen. Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen! Und wenn wir erst in abgemessnen Stunden Mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden, Mag frei Natur im Herzen wieder glühen. So ist‘s mit aller Bildung auch beschaffen: Vergebens werden ungebundne Geister Nach der Vollendung reiner Höhe streben. Wer Großes will, muss sich zusammenraffen: In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister, Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben. z zugang zur musikpraxis Ordnen Sie möglichst viele Begriffe und Wendungen aus dem Gedicht den beiden über- geordneten Begriffen „Natur“ und „Kunst“ zu. Erläutern Sie, welches Verhältnis von Natur und Kunst Goethe in diesem Gedicht anstrebt. Die klassische Naturauffassung, wie sie in Goethes Sonett beschrieben wird, spiegelt sich auch in der Musik der Klassik. Musiktheoretiker unterschieden im 18. Jahrhundert dazu zwei musikalische Stilarten bzw. Kompositionsweisen: den galanten Stil und den gelehrten Stil . Mit Letzterem ist einerseits oft die Kompositionsweise des Barock gemeint – eine Kompositi- onsweise mit Merkmalen, wie man sie z. B. bei der Fuge findet. Aber auch thematische Arbeit wird im 18. Jahrhundert oft als „gelehrt“ angesehen. Was heißt denn galant seyn bey einem Componisten? Mich dünkt soviel, als in einem musikalischen stücke, es sey von was für einer äußerlichen Form es wolle, einen so gefälligen und dem vorgesetzten Endzwecke gemäßen Gesang, über eine so leicht zu begreifende richtige Har- monie erfinden, daß jeder Zuhörer, der auch nichts von den schweren Geheimnissen des krebsgängigen Canons versteht, daran Gefallen findet, und davon gerühret wird. Friedrich Wilhelm Marpurg, 1760 In der freyen [galanten] Schreibart befolgt der Tonsetzer die grammatischen Regeln nicht immer so strenge. […] kurz, er arbeitet mehr für das Ohr und tritt – wenn ich so sagen darf – weniger als gelehrt scheinender Tonsetzer auf. Daniel Gottlob Türk, 1800 Johann Wolfgang von Goethe: Südliche Küstenlandschaft, 1806 Die Person betrachtet die Landschaft und lässt den Eindruck der Harmonie von Natur und Kunst auf sich wirken. Sonett Gedichtform italienischen Ursprungs mit kunstvollen Regeln. Sonette sind in 4 – 4 – 3 – 3 Zeilen gegliedert, mit 11 oder 10 Silben pro Zeile. Auch das klare Reimschema trägt zur Wirkung des Sonetts bei. 08 analyse epochen der musikgeschichte: wiener klassik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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