Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

277 Von der Triosonate zum Concerto grosso Zwischen Triosonate und Concerto grosso besteht oft nur ein klanglicher Unterschied. In der selbstständigen Arbeit mit beiden Formen können Sie ihn herausarbeiten und damit auch Einblick in Themen der historischen Aufführungspraxis erhalten. Arcangelo Corelli schuf mit seinen Concerti grossi op. 12 die Form, die viele Komponisten zum Vorbild nahmen. Georg Muffat (1653–1704) schrieb auf, was er in seinem Studium bei Corelli über die Form des Concerto grossos (s. S. 269) gelernt hatte: Grundlage ist eine Triosonate. Von ihr ausgehend solle man Klangkörper bilden: ein einfach besetztes Concertino mit drei Stimmen (2 Violinen, Violoncello oder Viola da Gamba), das kontinuierlich spielen solle, und ein mehrfach besetztes Concerto grosso, das nur bei den Markierungen „T“ (Tutti) zu spielen habe. Georg Muffats Anleitung (siehe Textquellen im Online-Link) hat für die Aufführungspraxis mehrere Konsequenzen: › Eine Triosonate kann klanglich zu einem Concerto grosso erweitert, ein Concerto grosso auf eine Triosonate reduziert werden. › Bei der Umarbeitung einer Triosonate in ein Concerto grosso kann man sich nicht immer auf Markierungen des Komponisten beziehen. Der Einsatz des Concerto grossos muss wie folgt abgewogen werden: › Komplexität der einzelnen Stimmen: Sobald einzelne Stimmen sehr detailliert ausge- staltet sind, sollten sie eher den Solostimmen des Concertinos zugeordnet werden. Großflächig wirkende Passagen sind typisch für das Concerto grosso. › Echowirkungen: Identisch aufeinanderfolgende Passagen können durch Dynamikwech- sel abgesetzt werden. Ein Tutti von Concertino und Concerto grosso zusammen hebt im Sinne einer Terrassendynamik eine der Passagen stark hervor. › Harmonische Erwägungen: Abschnitte des Concertinos und auch des Ripienos (Tutti) sind jeweils harmonisch in sich abgeschlossen und enden mit einer Kadenz. Arcangelo Corelli: Sonata da chiesa Nr. 11, g-Moll, 4. Satz (ca. 1680) : Hören Sie die Musik Corellis und lesen Sie die einzelnen Stimmen mit. : Legen Sie für sich fest, welche Passagen vom Concertino, welche vom Concerto grosso gespielt werden sollen. Begründen Sie Ihre Entscheidungen. : Laden Sie das Stück in ein Sequenzerprogramm und ergänzen Sie die leeren Spuren mit Stimmen für das Concerto grosso. : Verteilen Sie die Stimmen so, dass der Eindruck eines großen Raumes entsteht. : Führen Sie Ihr Arrangement nach Möglichkeit auch mit Instrumenten auf. xm8b5r Textquellen Muffat s4e68i MIDI-Datei Corelli IV, 18 Arcangelo Corelli (1653–1713) studierte in Bologna und Rom. Dort arbeitete er als Konzertmeister im Dienst der Königin Christina von Schweden, später am Hof des Her- zogs von Mantua und im Dienste der Kardinäle Panfili und Ottoboni. Neben den Concerti grossi zählen die Violinkompositionen bis heute zu seinen berühmtesten Stücken. 08 praxis epochen der musikgeschichte: barock Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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