Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

265 Musikleben und Musiker In den Städten sorgten Kantoren für die Kirchenmusik und die nun in Zünften organisier- ten Stadtpfeifer für die weltliche Gebrauchsmusik. An Höfen war repräsentative Musik gefordert: Hofkapellmeister, Kammermusiker (Solisten), Ripienisten (Orchestermusiker) und Militärmusiker hatten regelmäßig Konzerte, Sonaten (als Tafelmusik bei Tisch), Suiten (für Tanzeinladungen) sowie Opern- und Ballettkompositionen für große Feste abzuliefern. Viele Musiker verbanden in ihrem Wirken Komposition, Musiktheorie, Organisation und Virtuosität. In Johann Sebastian Bachs Familie spiegelt sich der Wandel der Musikberufe wider: Bachs Vater Ambrosius war Stadtpfeifer. Bach selbst bekleidete in seinem Leben die Ämter Stadtorganist, Hoforganist und Kammermusiker, Hofkapellmeister, Kantor und Latein- lehrer. Bei seinen Söhnen finden sich die Berufe Hofcembalist und Hofkapellmeister, reisen- der Virtuose und freier Konzertveranstalter. Im Barock waren es vor allem die Sänger, die durch ihre Virtuosität Ansehen (und Reichtum) erwarben. Am deutlichsten ist das an der Bedeutung und der guten Bezahlung der Kastraten abzulesen. Carlo Broschi, genannt Farinelli (1705–1782), gewann sogar politischen Einfluss. Aber auch die Instrumentalisten entwickelten zunehmend virtuose Fähigkeiten, die die Kom- ponisten mit entsprechenden Stücken „provozierten“. Wegen des großen Bedarfs an Berufsmusikern für Oper und Konzert gründete man in Italien die ersten Konservatorien. Musiklexika und Lehrwerke wurden verbreitet, z. B. „Syntagma musicum“ von Michael Praetorius (s. S. 248) oder „Das wohltemperierte Clavier“ (s. S. 120) und die „Kunst der Fuge“ von Johann Sebastian Bach. Musikalische Entwicklungen Die Barockzeit bringt umwälzende Neuerungen. Eigenständige Instrumentalmusik: Die Instrumente lösten sich aus der Aufgabe, Chorstim- men verstärkend mitzuspielen. Es entstanden eigenständige, von virtuoser Spielfreude ge- kennzeichnete Instrumentalstücke (Sonate, Sinfonia, Concerto), erstmals auch mit program- matischen Inhalten (s. S. 269 sowie Zeitleiste „Sonate – Sinfonie – Konzert“ auf S. 314 f.). Auf die rhythmisch komplexe, vom Sprachrhythmus inspirierte Polyphonie der Chormusik folgte nun eine Tendenz zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Formteile in Instru- mentalwerken. Sie wurde unterstützt vom Akzentstufentakt, motorischen Spielfiguren und einer klaren Gliederung der Musik mit Hilfe einer dur- oder molltonalen Kadenzharmonik. Die Epoche des Barock wird auch „Generalbass-Zeitalter“ genannt. Der Name verweist auf die Aufführungspraxis, bei der die Melodie bzw. mehrere Instrumentalstimmen vom General- bass (s. S. 65 f.) begleitet wurden, den ein Bassinstrument (z. B. Violone) und ein Harmonie- instrument (z. B. Cembalo) ausführten. Darstellung von Affekten: Affekte wie z. B. Trauer, Klage, Freude wurden durch instrumentale und vokale Figuren dargestellt, deren Bedeutung Musikkenner damals verstanden (s. S. 280). Konzertierender Stil : Hier geht es um ein Mit- und Gegeneinander von Stimmen oder Grup- pen: hoch – tief/laut – leise/Gruppe A – Gruppe B (häufig auch getrennt aufgestellt)/Solo – Begleitung/Tutti – Solopartien. − Michael Praetorius leitete die Wörter Konzert, ital. Concer- to und engl. Consort von lat. concertatio = Streit oder Disput ab. Von der Tonmalerei zur Programmmusik Seit dem Ende des 14. Jahr- hunderts werden in Vokal- und Instrumentalkompositionen außermusikalische Laute mit mu- sikalischen Mitteln geschildert, so im Vogelruf-Virelai (s. S. 243) oder in Battaglia-Kompositionen (von ital. battaglia = Schlacht). Seit etwa 1700 führen literarische Anregungen zu programmatisch gefärbter Musik, z.B. bei Carl Ditters v. Dittersdorf: Symphonien nach Ovids Metamorphosen . Pro- grammatische „Hits“ des 17. und 18. Jahrhunderts sind z.B. Ignaz Bibers Sonata rapresentativa , Antonio Vivaldis Le quattro stagioni , Joseph Haydns Sinfonien Le matin , Le midi, Le soir oder Charakterstücke von François Couperin und Jean-Philippe Rameau. Tonmalerische Elemente sind in textbezogener Musik vie- ler Epochen anzutreffen, z.B. bei Johann Sebastian Bach oder Franz Schubert. Ihre volle Ausprä- gung findet die Programmmusik im 19. Jahrhundert mit Werken wie der 6. Sinfonie Pastorale von Ludwig van Beethoven (1808), der Symphonie fantastique von Hector Berlioz und inhaltlich profilierten Werken der Gattung Sinfonische Dichtung. Im 20. Jahrhundert entstanden Werke wie Béla Bartóks Kossuth ; Paul Dukas’ Der Zauberlehrling ; Arthur Honeggers Pacific 231 . 08 basis epochen der musikgeschichte: barock Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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