Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

256 Farbenreiches Concerto-Prinzip Die Verstärkung von Vokalstimmen mit Instrumenten wird in der Renaissance zunehmend bewusster eingesetzt. Für die Verwendung der konkreten Instrumente bleibt aber Spielraum, sodass ein farbenreiches und in jeder Aufführung etwas unterschiedliches Klangbild möglich wird. Das vorgestellte Werk führt Sie in die Concerto-Technik ein, die sich im barocken Concerto grosso in einer eigenen Gattung konzentrieren wird. Michael Praetorius: „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ (1619) Zu Praetorius’ Aufgaben in Wolfenbüttel gehörten neben dem Organistendienst und der Leitung der Hofkapelle u. a. auch die Tafelmusik (= musikalische Aufwartung bei Tisch), der Unterricht der Kinder des Herzogs im Spiel von Tasteninstrumenten sowie die Beaufsichti- gung und Weiterbildung des Personals der Hofkapelle. Er hatte für Musik zu „Gottes Lob und Ehre“ (Kirchenmusik), für „ehrbare, fröhliche, lustige Gesänge“ (weltliche Musik, Tanzmusik) und für Musik „ beim Besuch fremder Herren und fürstlicher und anderer vornehmer Gesand- ten“ zu sorgen. z zugang zur musikpraxis Informieren Sie sich über die Aufgaben eines Kapellmeisters heute und vergleichen Sie das Berufsbild damals und heute. Concerto-Praxis Diese neue Praxis der Kirchenmusik am Dom San Marco in Venedig, die bis in die Zeit Johann Sebastian Bachs die Komposition von Kirchenmusik bestimmte, wurde durch Praetorius genau beschrieben. Als „musikalischer Lehrer der Nation“ sammelte Praetorius das musikalische Wissen seiner Zeit, um es allen „rechtschaffenen einbrünstigen Liebhabern der edlen Musik“ zugänglich zu machen „[…] sonderlich jetziger Zeit da die Musik so hoch gestiegen“ , womit vor allem Concerto-Prinzip und musikalisch-rhetorische Aus- legung des Wortes gemeint waren. Die Marienkirche in Wolfenbüt- tel, erbaut 1608−18, ist der erste bedeutende Großkirchenbau des Protestantismus. Sie besitzt neben der Orgel-Empore weitere Empo- ren, auf denen Michael Praetorius konzertierende Musikensembles aufstellen konnte. Michael Praetorius (um 1571–1621) steht am Ende der Epoche der Renaissance und am Beginn des Barock. Er wirkte nach seinem Philosophie- und Theologiestudi- um in Frankfurt mit kurzen Unter- brechungen am Hof der Fürsten von Braunschweig und Lüneburg in Wolfenbüttel zunächst als Hoforganist, ab 1604 dann als Hofkapellmeister. Hier fand Praetorius eine der damals leistungsfähigsten Hofkapellen vor und mit Herzog Heinrich Julius einen Dienstherrn, der ihn gut bezahlte, seine Drucke finanzierte und ihm freundschaftlich verbun- den war. Als Komponist, Wissenschaft- ler und Musikpädagoge war Michael Praetorius eine universale Musikerpersönlichkeit. Eine der lateinischen Inschriften neben dem Porträt besagt: „Der Musiker Michael Praetorius besitzt so hohes Ansehen, dass alle Musen, vor allem Frau Musica, sich vor ihm in Ehrfurcht erheben.“ 08 analyse epochen der musikgeschichte: renaissance Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=