Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

251 Motette und Madrigal Motette und Madrigal sind die beiden wichtigsten Vokalformen der Renaissance. An einer Choralmotette über ein reformatorisches Kirchenlied und einem Madrigal am Übergang zum Barock können Sie Ausformungen dieser Gattungen nachvollziehen. Johann Walter: „Nun bitten wir den Heiligen Geist“ (1524) Die Motette gehört zu den ältesten Gattungen der abendländischen Mehrstimmigkeit. Eine allgemeine Definition gibt es aufgrund der wechselvollen Geschichte und Formensprache nicht (Zeitleiste „Motette“ s. S. 250). Die Anfänge liegen im 12. Jahrhundert. Der Begriff „Motette“ (frz. mot = Wort) meint in der Lyrik der Trouba- dours und Trouvères einen Text, der sich zu Ver- sen und Strophen verdichtet. Lange Zeit wur- den sowohl weltliche als auch geistliche Texte vertont. Ab dem 16. Jahrhundert wird die Imita- tion zu einem wichtigen Stilelement der nun oft fünf- bis sechsstimmigen Motetten. Einen Höhe- punkt der Motettenkunst bilden die sechs zum Teil doppelchörigen Motetten Johann Sebastian Bachs. Im „Geystliche gesangk Buchleyn“, dem sogenannten „Chorgesangbuch“ von Johann Walter, sind 38 deutsche und fünf lateinische vorwiegend vierstimmige Motetten versammelt. Die erste Auflage erschien 1524. Dass noch zu Walters Lebzeiten drei jeweils erweiterte Auflagen gedruckt wurden, zeigt die überragende Bedeutung dieses Werkes. Die den deutschsprachi- gen Motetten zugrunde liegenden protestantischen Kirchenlieder wurden auch einstimmig gesungen. z zugang zur musikpraxis Hören Sie die Motette „Nun bitten wir den Heiligen Geist“. Halten Sie Ihren ersten Eindruck fest und tauschen Sie sich darüber aus. Äußern Sie sich zur Textgrundlage, insbesondere zu Sprachrhythmik und Deklamation, Reimschema und der damit verbundenen Phrasenbildung: Machen Sie sich die mittelalterliche Weise „Nun bitten wir den Heilgen Geist“ (s. S. 109) bewusst, auf der auch die Motette basiert. z fragen Entwickeln Sie aus der Beschäftigung mit dem Text und der Weise Erwartungen und Fragen zur musikalischen Struktur der Motette. Johann Walter (1496–1570) Als Musiker und Komponist der kurfürstlichen Kapelle Friedrichs des Weisen (1486–1525) in Dres- den konnte er eine umfassende Handschriftensammlung mit Werken führender Meister kennenlernen. 1525 wurde Walter von Martin Luther nach Witten- berg gerufen, um die „Deutsche Messe“, eine reformatorische Gottesdienstordnung, ausarbeiten zu helfen. Mit diesem Konzept und seiner Figuralmusik für den Gottesdienst prägte er das frühe Luthertum. Nun bitten wir den heiligen Geist um den rechten Glauben allermeist. Dass er uns behüte an unserm Ende, wenn wir heim fahr’n aus diesem Elende. Kyrieleis. „Ein feste Burg“ aus dem Chorgesangbuch Johann Walters (2. Auflage, 1533) IV, 5 08 analyse epochen der musikgeschichte: renaissance Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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