Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

249 Musikalische Formen und Gattungen Vokalmusik Choral: Neben dem Gregorianischen Choral, der in der katholischen Liturgie gepflegt wurde, gab es bereits im 13. Jahrhundert einstimmige Kirchengesänge in den Volksspra- chen, die jedoch außerhalb der Liturgie standen und nur spärlich überliefert sind. In der Reformation ab 1517 spielte der einstimmige Kirchengesang eine wichtige Rolle, über ihn wurde die Gemeinde aktiv in den liturgischen Ablauf einbezogen. Im protestan- tischen Gottesdienst wird der Choral durch das deutsche einstimmig gesungene Kir- chenlied ersetzt. Martin Luther verfasste selbst Kirchenlieder, z. B. „Ein feste Burg“, „Vater unser im Himmelreich“, und schrieb viele Kirchenliedtexte. Melodien von Chorä- len und Kirchenliedern wurden auf der Orgel in Choralbearbeitungen aufgegriffen, ver- ziert und umspielt. Sie wurden auch mehrstimmig vokal vertont, seit dem Ende des 16. Jahrhunderts im schlichten Kantionalsatz (s. S. 82). Messe: Die Vertonung der Texte des Messordinariums (s. S. 235) war für viele Komponisten bis zur Kirchenspaltung und später im katholischen Raum verpflichtend. Die Teile der Messe stehen meist in einem musikalischen Zusammenhang, da sie auf eine musikalische Basis, einen Cantus firmus bezogen wurden. Von mehreren Komponisten wurde dafür z. B. die Me- lodie „L’homme armé“ (s. S. 92) benutzt, so z. B. von Guillaume Dufay (1397–1474) und Josquin des Préz (1450–1521). Eine andere Möglichkeit bestand darin, vom musikalischen Material einer Motette auszugehen. Kyrie, aus „Missa L’homme armé“ (1450/60) : Musizieren Sie den Ausschnitt aus dem Kyrie. Motette und Madrigal : Beides sind kunstvolle Vokalsätze mit vier bis sechs oder auch mehr Stimmen. Im Madrigal mit seinen stets weltlichen Texten werden unterschiedliche Ausdrucks- möglichkeiten erprobt. Waren Madrigale Mitte des 16. Jahrhunderts, z. B. bei Jacob Arcadelt und Adrian Willaert, zwei franko-flämischen Komponisten, die in Italien wirkten, zumeist ho- mophon und vierstimmig, so entwickelten sie sich im Laufe der folgenden 50 Jahre zu i. d. R. fünfstimmig polyphonen kontrastreichen Miniaturen. Vertreter sind in Italien und Mitteleuro- pa u. a. Orlando di Lasso, Andrea Gabrieli, Giovanni Palestrina, Carlo Gesualdo, Claudio Mon- teverdi, Hans Leo Hassler und Heinrich Schütz, in England William Byrd, Thomas Morley und Thomas Tomkins. Die Textausdeutung spielt stets eine wichtige Rolle, auch in der Motette mit ihren häufig geistlichen Texten. Das Tenorlied verarbeitet einen weltlichen Text so, dass eine bekannte Liedmelodie in der Tenorstimme eines vierstimmigen Satzes als Cantus firmus erscheint (Beispiel: „Innsbruck, ich muss dich lassen“ von Heinrich Isaac, 1450−1517). Guillaume Dufay und Gilles Binchois, Handschrift aus dem 15. Jh. von Martin Lefranc M.: Guillaume Dufay Choral Ursprünglich Bezeichnung für seit dem Mittelalter überlieferte ein- stimmige Kirchengesänge (Gre- gorianischer Choral s. S. 241). Später wurde der Begriff mit verschiedenen musikalischen Formen verbunden. Heute wird darunter auch eine liedhaft wirkende, harmonisch, melodisch und rhythmisch einfach gestaltete Melodie in homophoner Satzweise (s. S. 80) verstanden. Cantus firmus, c.f.: (lat. = fester Gesang) als Basis für eine Komposition herangezogene Melodie, die meist unverändert übernommen wird. IV, 4 08 basis epochen der musikgeschichte: renaissance Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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