Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

247 Der Umbruch der Reformation und die Kirchenspaltung hatten tiefgreifenden Einfluss auf die Musik: › Im protestantischen Bereich dienten musikalische Formen, die auf den Dichtungen Martin Luthers (1483–1546) und seines Theologenkreises gründeten, der Verbreitung der protes- tantischen Lehre. Musikalisch gestaltetes Gotteslob und Ausdruck der Freude des Christen- menschen regten eine rasch aufblühende evangelische Kirchenmusik in Deutschland an, mit der sich auch der Bau großer Orgeln verband. › In der katholischen Kirchenmusik kam es mit der Reformation zur Krise: Im Zuge der Gegen- reformation warf man führenden Komponisten des polyphonen Stils vor, sich vom Dienst am Wort zugunsten kunstvoller Satztechniken abgekehrt zu haben. Auf dem Konzil von Trient (1545–1563) wurde im Rahmen der gegenreformatorischen Reformbestrebungen das Verbot anstößiger Melodien, d. h. weltlicher Gesänge, die als Cantus firmus verwendet worden wa- ren, beschlossen. Kompositionen Giovanni Pierluigi da Palestrinas, welche Singbarkeit und Textverständlichkeit mit Polyphonie und Kontrapunkt verbanden, wurden danach zum Vor- bild eines neuen Stils − Palestrina wird seither als Reformator der katholischen Kirchenmusik im 16. Jahrhundert verstanden; berühmt wurde besonders seine „Missa Papae Marcelli“ von 1562/63. : Hören Sie jeweils einen Ausschnitt aus dem „Kyrie“ und „Gloria“ dieser Messe und erklären Sie, wie der Komponist der Forderung nach Textverständlichkeit bei gleichzeitig kunstvol- ler Kontrapunktik nachkommt. Am Ende der Epoche, knapp 40 Jahre später, formte Giovanni Gabrieli (1557–1612) am Markus- Dom in Venedig ein komplexes mehrchöriges, d. h von mehreren Vokal- und Instrumental- gruppen geprägtes Klangbild. Es wurde zur Grundlage des konzertierenden Stils, der die Einzelstimme innerhalb des Satzes aufwertet und individualisiert (z. B. durch Ornamentik), so dass sie den anderen Stimmen wie ein ausgebildetes Individuum gegenüberzutreten ver- mag. In der Barockzeit wurde der „concertierende“ Stil zur wichtigsten, auch die Auffüh- rungspraxis prägenden Kompositionsart. Eigenständige Instrumentalmusik der Renaissance ist wenig überliefert − standardisierte Ensembles gab es noch nicht. Das Instrumentarium war ähnlich vielfältig wie im Mittelalter und umfasste z. B. Viola da Gamba, Krummhorn, Dulzian, Spinett oder Clavichord. Oft wurde vierstimmig musiziert. Anders als im Mittelalter, wo man – bei vorherrschender Dreistimmig- keit – den kontrastreichen „Spaltklang“ unterschiedlicher Instrumentenfarben bevorzugte, schätzte man in der Renaissance nun ein homogeneres Klangbild − viele Instrumente wurden deshalb in Instrumentenfamilien gebaut. Die erste Ensemblebezeichnung − consort − findet sich 1576 in England und meinte zunächst allgemein ein kammermusikalisches Instrumen- talensemble. In der Spätrenaissance unterschied man zwischen whole consort (Instrumente aus einer Familie, z. B. Gambenconsort) und broken consort (z. B. Streicher und Bläser, auch in Verbindung mit Gesang). Mit der Entwicklung einer eigenständigen und selbstbewussten Instrumental- musik entstanden verschiedene Musikberufe und -tätigkeiten: An fürstlichen Höfen gab es prächtige Kapellen , die Instrumentalisten und Sänger vereinig- ten. Viele Musiker waren zugleich Komponisten, die für prunkvolle Festmusiken ebenso wie für unterhaltende Musik in kleinen Besetzungen bei Tisch verant- wortlich sein konnten. Große Städte leisteten sich Stadtpfeifer , die zu festli- chen Anlässen mit Pauken und Trompeten aufspielten. Lautenisten reisten als Virtuosen von Hof zu Hof, Organisten banden einen Schülerkreis an sich. Hofkapelle in München unter Orlando di Lasso, der dort von 1562–1594 wirkte Giovanni Pierluigi da Palestrina (1525–1594) wurde in Palestrina, einem kleinen Städtchen bei Rom, geboren. Im Alter von 26 Jahren kam er nach Rom, wo er sich aufgrund seines Könnens die Gunst mehrerer Päpste erwarb und zu einem der angesehensten Komponisten avancierte. Nach seinem Tod wurde er im Petersdom bestattet. Das Werk Palestrinas umfasst ausschließlich für den kirchlichen Gebrauch bestimmte Werke von hoher Satzkunst und deutlicher Textdeklamation, darunter ca. 100 Messen und über 200 Motetten. IV, 1 IV, 2 08 basis epochen der musikgeschichte: renaissance Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=